Dieses Jahr bricht für mich eine neue Ära an. Zum ersten Mal muss ich mir keine Gedanken mehr um Urlaub machen, sondern kann einfach verreisen. Das Alter bringt manchmal auch Vorteile mit sich :-). Ich habe mich dazu entschieden, einen Europa-Radweg zu fahren. Und für den Anfang soll es einer der einfachen sein, nämlich der EuroVelo 6. Der führt von der französischen Atlantikküste bei Nantes – genau Saint-Brevin-les-Pins – bis an das Schwarze Meer nach Constanta in Rumänien. Da ich in der Zeiteinteilung dann doch nicht ganz so frei bin, man hat ja auch noch andere Verpflichtungen, werde ich dieses Jahr die erste Hälfte von Saint-Brevin-les-Pins bis nach Wien radeln und den zweiten Teil voraussichtlich nächstes Jahr in Angriff nehmen.
Der EuroVelo 6 gesamt:
Für dieses Jahr geplanter Routenverlauf von Saint-Brevin-les-Pins bis nach Wien:
Los geht es am 31.05.23, zuerst mit dem Fernbus bis nach Freiburg. Von dort radle ich noch rund 35 km bis nach Breisach. Am nächsten Tag geht es weiter per Fahrrad bis nach Straßburg und von dort bringt mich der TGV direkt bis nach Nantes. Die Strecke bis nach Saint-Brevin-les-Pins radel ich dann wieder. Ich schaue mir noch einen Tag lang Saint-Nazaire auf der anderen Seite der Loire-Mündung an. Einen Tag später folgt dann der offizielle Start des EuroVelo 6. Die ersten rund 745 km folgt die Route dem Loire-Radweg (La Loire à Vélo) bis Digoine. Dann geht es weiter am Canal du Centre bis nach Chalon-sur-Saône, ein Stück der Saône folgend bis Dole und ab hier am Doubs entlang bis nach weiteren 445 km der Rhein bei Mulhouse erreicht ist. Hier folgt der EuroVelo 6 weitgehend der Schweizer Seite des Rheins bis nach Stein am Rhein. Weiter geht es am Untersee des Bodensees bis nach Radolfzell. Dann folgen die auf dieser Etappe meisten Höhenmeter bis nach Tuttlingen. Hier wird nach weiteren 235 km die Donau erreicht. Ab jetzt folgt der EuroVelo 6 dem Donauradweg und ich erreiche nach 890 km die Stadt Wien in Österreich. Den Teil entlang der Donau kenne ich bereits, war es doch meine erste Radreise 2014 von Donaueschingen nach Bratislava. Abgesehen davon ist mir auch schon der Doubs zwischen Mulhouse und Besancon bekannt, hier bin ich 2018 auf dem Weg nach Nizza entlang geradelt. Von Wien geht es dann mit dem Zug zurück nach Bregenz und von dort sind es nur noch 35 km bis nach Hause. Das möchte ich nach maximal 7 Wochen wieder erreicht haben, evtl. aber auch schon früher. Das kommt darauf an, wie das Wetter wird und wie groß ich meine Tagesetappen gestalten werde.
Nachdem ich mich letztes Jahr für das Camping nicht so begeistern konnte, werde ich in Hotels, Pensionen und Privatzimmern übernachten. Allerdings nehme ich eine kleine Kochausrüstung mit und plane das ein oder andere Mal selber zu kochen um den doch recht hohen Kosten in den französischen Restaurants ab und zu zu entkommen. Ob ich das auch mache oder ob die Faulheit siegt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Ich bin auch nicht sicher, ob ich den Blog während der Tour schreiben kann/möchte. Ich werde nur ein Tablet dabei haben und da ist das Schreiben der Texte und vor allem die Auswahl und Übertragung von Bildern doch recht mühsam. Aber auch das wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
Achtung: Der Beitrag wurde von unten nach oben geschrieben. Start der Tour ganz unten auf der Seite. Der neueste Beitrag steht immer oben.
07.07.23 – von Donaustauf nach Deggendorf
Vergangene Nacht gab es keine besonders lauten Vögel, so dass einem geruhsamen Schlaf bis zum Morgen nichts im Wege stand. Mir hat’s nicht ganz so pressiert, hatte ich heute nur 80 Kilometer vor mir. Aber als ich viertel nach acht mein Fahrrad aus der Garage holen wollte, ging das nicht. Ein Auto, das wohl zwei meiner Jahresgehälter gekostet hat, parkte so davor, dass das Garagentor nicht aufging. Also zurück zur Rezeption, die wusste gleich, wem das Auto gehört. Allerdings lagen die Herrschaften noch im Bett. Und so hat es einige Minuten gedauert, bis endlich der Fahrer kam.
Ich hatte mir zuvor ja schon so meine Gedanken zu den gängigen Klischees zu den Besitzern der Protzkarre gemacht. Aber der Typ schlug dem Fass den Boden aus: sorry, meine Frau hat das Auto gestern geparkt. Kopfschütteln! Ich habe mir mein Rad geschnappt, schnell bepackt und ab ging’s.
Den ersten Kilometer schön bergab bis zum Radweg. Dann weiter entlang der Donau. Irgendwann nach Tiefenthal, es ging gerade parallel zur Autobahn A3, führte der Weg eines der vielen ganz kurzen, aber auch ganz steilen Wegstücke hinauf. Plötzlich hörte ich neue, sehr ungesunde „Geräusche“ von unten. Es hörte sich an, als ob das Pinion-Getriebe ein Problem hätte. Oh je, doch das nicht. Ich bin erstmal weitergefahren, wenn ich nicht zu viel Druck auf die Pedale gab, klang es nicht ganz so dramatisch. Aber es ging nicht weg. Im Antrieb habe ich nichts gemerkt, alle Gänge ließen sich einwandfrei schalten. Die Pedale liefen rund, kein Durchrutschen, nichts. Nur ein ganz ungesundes Knacken, wenn ich Druck gab.
Einige Kilometer weiter kam ein Bänkchen im Schatten. Hilft ja nichts. Angehalten und das Rad entladen. Ich konnte nichts negatives erkennen. Habe erstmal alle Schrauben im Bereich des Antriebs nachgezogen. Keine hatte Spiel. Die passenden Einsätze für die Getriebebefestigung hatte ich nicht griffbereit. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass es nach sieben Jahren plötzlich los sein soll. Also alles wieder zusammen- und aufgepackt und weiter. Entspanntes Urlaubsradeln war nicht mehr drin. Gefühlt fuhr ich wie auf rohen Eiern.
Endlich war ich nahe Straubing. Erst habe ich überlegt, dort nach einer Fahrradwerkstatt zu suchen. Habe mich dann aber entschieden, nach Deggendorf durchzuziehen und dort eine Werkstatt aufzusuchen. Leider gab es dazwischen noch eine lange Umleitung, die mich noch ein paar Kilometer gekostet hat. Aber Stück für Stück kam ich Deggendorf näher. Und die Geräusche „von unten“ wurden immer schlimmer. Aber das Rad hielt durch.
Viertel nach zwei war ich schon im Hotel in Deggendorf. Ließ mir ein paar Radläden erklären. Gepäck schnell aufs Zimmer und wieder rein in die Stadt. Nur ein paar hundert Meter weiter war das erste Geschäft. Und die haben sich mir und meinem Problem auch gleich angenommen. Nicht selbstverständlich am Freitag Nachmittag. Der Monteur verschwand für zehn Minuten auf Probefahrt.
Als er wieder kam, hatte er das Ergebnis. Rahmenbruch! An der Kettenstrebe ist hinten am Ausfallende die Schweißnaht gebrochen. Das war die Hiobsbotschaft, die ich befürchtet hatte. Das bedeutet sofortiges Aus meiner Tour. Ich bin wieder zurück ins Hotel und habe erstmal versucht, alle vorgebuchten Hotels zu stornieren. Dann eine Zugverbindung nach Hause rausgesucht und gebucht. Auch die Fahrkarte von Wien konnte ich bis auf eine Bearbeitungsgebühr stornieren. Da ich keine Lust habe, morgen mit Fahrrad und dem ganzen Gepäck nach Hause zu fahren, werde ich das Rad in der Hotelgarage lassen, ebenso den Großteil meines Gepäcks. Ich fahre in den nächsten Tagen nochmal mit dem PKW nach Deggendorf und hole das ganze Zeug ab. Ich weiß, die meisten würden es anders machen, aber mir ist es so lieber.
Heute Abend gehe ich nochmal gut essen in Deggendorf und dann ist die Tour leider vorbei. Fünf Etappen früher als geplant – leider. Jetzt wird es darauf ankommen, ob und wie sich der Schaden beheben lässt. Im Grunde hängt von dieser Frage meine Tourenradler-Zukunft ab. Man wird sehen …
06.07.23 – von Vohburg nach Donaustauf
Nach den Gewittern war die Luft in der Nacht erfrischend kühl. Bei weit geöffnetem Fenster kühlte auch das aufgeheizte Hotelzimmer langsam ab. Alles war perfekt bis um kurz nach vier morgens. Da gab es einen kleinen Piepmatz, der der Meinung war, die Nacht ist vorbei. Der begann aus vollem Hals zu zwitschern. Der Innenhof verstärkte das Gezwitscher nochmal, so dass an ein weiterschlafen nicht mehr zu denken war. Mir blieb nichts anderes übrig, als das Fenster komplett zu schließen. Dann konnte ich noch etwas vor mich hin dösen.
Pünktlich um 06:00 Uhr bin ich aufgestanden, denn ich wollte heute früh weg. Hat auch geklappt, nach Frühstück und checkout war ich um zehn vor acht auf der Strecke. Der Grund, ich wollte beim Kloster Weltenburg das erste Schiff nach Kelheim erwischen. Das fuhr um 10:40 Uhr, bis dahin hatte ich 32 Kilometer zu radeln und ich wusste, dass es einige Kilometer vor Weltenburg ordentlich bergauf gehen wird. Da ich keine Ahnung hatte, ob sonst noch viele andere Radler die gleiche Idee haben, wollte ich spätestens um 10:00 Uhr dort sein.
Also trat ich ordentlich in die Pedale. Die Strecke war nicht besonders attraktiv, verlief sie doch parallel zu Landstraßen und auf und ab durch Ortschaften. In Pförring hätte es endlich wieder runter an die Donau gehen sollen, aber dann kam ein Umleitungsschild für den Donauradweg. Auch das noch, ich erinnerte mich mit Grausen an die Umleitung an der Loire in Frankreich, die mich locker eine Stunde gekostet hat. Das hätte mir heute gerade noch gefehlt. Statt entlang der Donau ging es weiter im steten auf und ab über die Dörfer.
Die Donaubrücke vor Neustadt an der Donau wurde repariert und war halbseitig gesperrt. Mit meiner Umleitung konnte das nicht viel zu tun haben, denn über die Brücke war ich wieder auf der Originalroute. Unterm Strich hatte ich keine Zeit verloren und auch groß keine Umwege gefahren. Musste mich nur mit viel KFZ-Verkehr herumplagen. Neustadt habe ich nur gestreift, es ging gleich weiter über Bad Gögging und Sittling und jetzt kam ich endlich wieder auf einen meiner heißgeliebten Dammwege.
Na bitte, geht doch – nur nicht besonders lange. Schon war Finning erreicht und nun begann der gefürchtete Anstieg. Er war von dieser Seite jedenfalls weit weniger dramatisch, als ich ihn von der Gegenrichtung in Erinnerung hatte. Ich musste nicht mal schieben, was bei mir ja was heißen will. Als ich oben war, ging es ein Stück durch den Wald. Da war die Strecke kritisch, da hatten die Gewitter von gestern ordentlich Schaden hinterlassen. Aber das Stück war nur kurz und dann ging es weiter Richtung Weltenburg. Und nun kam der schöne Teil, denn jetzt ging’s bergab. Ruck zuck war ich ich nun in Weltenburg.
Am, noch verwaisten, Parkplatz wurde mir vom Platzwart zugerufen „noch 400 Meter zum Biergarten“. Ha ha, wenn der wüsste, dass ich noch über 50 Kilometer vor mir habe. Am Ticketshop habe ich mir die Fahrscheine für mich und mein Rad geholt. Die Dame sagte mir, dass zur Zeit recht wenig los wäre und es keine Platzprobleme geben würde. Ich war aber eh der erste und musste noch 40 Minuten bis zur Abfahrt warten.
Ich wollte hier den Donaudurchbruch per Schiff passieren, die Alternative geht über einen hohen Berg. 2014 bin ich den Berg gefahren, damals war ich viel später dran und es war extrem viel los. Zum Glück hatte ich da noch das eBike. Der Weg war seinerzeit noch nicht offiziell ausgeschildert und er war in einem sehr schlechten Zustand. Dazu erst lange und steil nach oben, dann ebenso lang und steil nach unten. So, dass man bergab nicht wirklich schneller fahren konnte als bergauf. Ich weiß nicht, ob der Weg inzwischen besser ausgebaut und beschildert ist, ich nahm lieber das Schiff.
Nach einer guten halben Stunde war ich in Kehlheim. Hier einmal durch die Altstadt, dann rüber über die Altmühl und weiter, bis sie in die Donau mündet. Nun ging es immer entlang der Donau, bis nach Poikam. Hier gab es wieder eine, diesmal schlecht ausgeschilderte, Umleitung. Zum Glück habe ich Navi, das half mir den Weg zur Brücke zu finden und es ging einmal mehr wieder auf die andere Flussseite.
Kurz darauf war ich in Bad Abbach. Hier ging es durch die Altstadt und von da an in riesen Schritten Richtung Regensburg. Kurz vorher habe ich eine kurze Pause gemacht, ein Fehler. Plötzlich fuhr eine große Radgruppe, bestimmt 30 – 40 Personen, an mir vorbei. Bis Regensburg hatte ich die eingeholt, nur überholen ging nicht. Es war sehr chaotisch, hinter denen durch die Stadt zu fahren. Als noch die Stadtbusse dazu kamen, war das Chaos perfekt. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und habe die Gruppe überholt. Endlich konnte man wieder normal fahren.
Da ich 2014 einen Ruhetag in Regensburg hatte, bin ich diesmal direkt durchgefahren. Hier ging es wieder auf die andere Donauseite. Aber ich war so langsam geschafft. Es waren noch 15 Kilometer aber ich hatte keine Kraft mehr. Hilft nur nichts, also ein, zwei Gänge runter und weiter dem Tagesziel entgegen. Die Walhalla sah ich schon von weitem, und damit war auch mein Ziel erreicht. Natürlich ging es hier nochmal ordentlich bergauf. Ich habe nicht gekniffen und bin bis zum Hotel geradelt.
Hier geht es sehr offen zu. An der Tür ein Zettel mit den Zimmernummern und hinter jeder ein Name. Schlüssel steckt in der Tür, die Rezeption ist ab 17:00 Uhr besetzt. So kann man es auch machen. Ich war froh, am Ziel zu sein und duschen zu können. Das Hotel hat ein eigenes Restaurant, so dass ich heute nicht mehr lange suchen muss.
05.07.23 – von Felsheim nach Vohburg
So, die Wäsche ist wieder frisch gewaschen und ich habe die restlichen Tage bis Wien fix geplant und die entsprechenden Unterkünfte reserviert. Viel Spielraum gab‘s nicht, ich habe nur noch für Sonntag in einer Woche eine Fahrkarte mit der ÖBB für mein Rad bekommen.
Der Gasthof hier in Felsheim ist sehr urig, zwar sehr abseits, dafür mit einem „originalen“ Wirtsehepaar. So gut und günstig habe ich auf der ganzen Tour noch nicht gegessen und getrunken. Heute Nacht gegen 02:00 Uhr zog ein heftiges Gewitter über den Ort. Meine Hoffnung war, dass die Unwetter damit durch sind und ich trocken weiterfahren kann. Aber nein, als ich um 06:30 Uhr aufgestanden bin, zog es wieder zu und begann zu regnen. Sollte mich mein bisheriges Glück etwa verlassen?
Ich habe erstmal das Tempo rausgenommen und bin um 07:30 Uhr ganz gemütlich frühstücken gegangen. Inzwischen hat es auch wieder aufgehört zu regnen. Es war dann schon 08:40 Uhr, bis ich losgemacht habe. Erstmal sechs Kilometer zurück bis nach Donauwörth und auf den Donauradweg eingebogen.
Die ersten 15 Kilometer gingen flott dahin, ging es doch entlang der Donau. Dann begann wieder das hoch in die Dörfer und, wie immer, teilweise (für mich!) fahrbar, teilweise nicht. Vor einem der Anstiege habe ich kurz gerastet, kam ein Ehepaar mit Bio-Rädern vorbei. Er: da geht’s ja senkrecht hoch. Nur dass ihr nicht denkt, ich kämpfe allein mit den Anstiegen. Die einzigen, die da immer flott vorbei ziehen, sind die Elektroradler. Diese Bergauf-Bergab-Orgie ging nur ungefähr fünf Kilometer, hat mich aber sehr viel Kraft gekostet. Und ich war gerade erst in Marxheim.
Ich war sehr froh, erstmal wieder direkt entlang der Donau radeln zu können. Die Zeit der langen, giftigen Anstiege war zwar schon vorbei, aber es gab in der Folge noch einige kurze, giftige. Allerdings wurden die von einem anderen, größeren Problem überlagert. Von hinten zogen heftige Gewitterfronten heran.
Am Morgen meinte die Wetter-App noch, wenn ich es bis Neuburg an der Donau schaffe, dann entkomme ich dem Regen. War dann ganz lustig, die Wetterprognose sagte kein Regen, das Regenradar zeigte mehrere Gewitterfronten, die mich treffen würden. Das Regenradar hatte recht! Ich bin noch ein paar Kilometer weiter gefahren, bis es bei einem Schloss Grünau nicht mehr verantwortbar war.
Ich hatte gehofft, mich dort irgendwo unterstellen zu können, war aber nicht möglich. Auf der Leeseite fand ich ein Tor, das wenigstens den Sturm abhielt. Schnell Regenhose, Regenjacke und Kapuze angezogen und an die Wand gepresst. So ganz hat mich mein Wetterglück nicht verlassen, der große Regen und die Gewitter zogen seitlich an mir vorbei. Nach einiger Zeit bin ich weiter gefahren, Jacke und Hose behielt ich aber an. Lt. Regenradar sollte noch mehr kommen.
Da die Strecke einem gewissen Zickzackkurs folgte, war es ein Wechselbad der Gefühle. Mal sah der Himmel gut aus, dann wieder eher nach Weltuntergang. Als es wieder anfing zu regnen, kam ich in einem kleinen Kaff Namens Weichenring an einen geschlossenen Bahnübergang. Vor mir wartete schon ein Mädel im Kleidchen, ohne Regenschutz. Ein Schild verkündete, dass es auf Grund technischer Schwierigkeiten zu längeren Wartezeiten bis zum Öffnen der Schranken kommen könne. Super! Aber, ich war noch am verschnaufen, da ging plötzlich die Schranke auf. Ich rüber und rein in den Ort auf der Suche nach einer Unterstellmöglichkeit.
Ein paar Meter weiter sah ich einen Carport unter dem schon zwei Radler standen. Auf meine Frage ob ich mich dazu stellen dürfe erntete ich eine unverständliche Antwort. Erst als ich abgestiegen war und mit den anderen ins Gespräch kam, stellte sich heraus, er war aus Louisiana, USA, sie aus Perth, Australia. Die beiden sind in Budapest gestartet und fahren bis nach Nantes. Da kam ich ja her. Es entwickelte sich ein ganz interessantes Gespräch, auch als ich erzählt habe, dass ich 2019 ein kurzes Stück durch den äußersten Süden von Louisiana geradelt bin. Die beiden waren mit Zelt und Stuhl unterwegs und richteten sich in dem Carport häußlich ein. Ich dagegen habe nur gewartet, bis der Regen endlich vorbei war, dann wollte ich weiter.
Kurze Verabschiedung und ich war wieder allein auf dem Trail. Das gute, der Regen war für heute vorbei. Die Straßen und Wege waren zwar nass und schlammig, aber es trocknete Stück für Stück wieder ab. Auch heute war mein Vorteil, ich hatte Rückenwind. Bald darauf war Ingolstadt erreicht. Ich fuhr auf geradem Weg durch und machte mich auf die letzten 18 Kilometer bis nach Vohburg. Hier wurde es nochmal anstrengend, der Radweg ging ständig hoch auf den Damm, dann wieder runter an den Fuß des Damms und wieder hoch. In Vohburg angekommen war die Straße zum Hotel Baustelle, ich musste das Rad auf schmalen, abgetrennten Bürgersteigen schieben. Aber schieben kann ich ja inzwischen 😊. Das Hotel hier kenne ich schon von meiner Tour 2020. Habe ein schönes Zimmer in den Hof. Und gute Restaurants gibt es hier einige …
03.07.23 – von Ulm nach Felsheim
In Ulm war ich mal wieder in einem Ibis-Hotel. Der Vorteil ist eine vorhandene und funktionierende Klimaanlage, damit ist bei mir auch der Schlaf gesichert.
Noch ein Nachtrag zu dem Restaurant von gestern: wenn man es genau nimmt, schummeln die ganz ordentlich. Machen einen auf tiefstes Bayern, liegen aber voll in Württemberg. Na ja, den Japanern wird‘s egal sein.
Obwohl Ibis, hatte ich heute das umfangreichste Frühstücksbüffet seit ich unterwegs bin. Nach dem ich ordentlich zugeschlagen habe, habe ich die Abfahrt noch etwas verzögert. Ich hatte zwar über 90 Kilometer vor mir, konnte aber erst ab 16:00 Uhr im Zielhotel einchecken.Die Ausfahrt aus Ulm war erst voll konzentriert (sehr viele Radfahrer und Fußgänger unterwegs), dann aber sehr idyllisch an der Donau entlang und durch die Auen.
Auch heute war mir der Wind gewogen und schob mich die ersten Kilometer ordentlich voran. Flott ging es über Thalfingen, Oberelchingen bis Unterelchingen. Hier gab’s die erste „Bergwertung“, nämlich die Überquerung der A7. Diese Brücke ist mir gut bekannt aus der Gegenrichtung, da bin ich immer schon total kaputt und diese Brücke ist eine echte Herausforderung. Heute dagegen war ich noch frisch.
Aber heute war auch mein Tag der Schummeleien. Schon gleich nach der Brücke bin ich auf dem Radweg parallel zur Straße geblieben und habe so ein paar Kilometer abgekürzt. Bei Weißingen geht es für mehrere Kilometer durch den Wald. Immer geradeaus und eigentlich eine sehr schöne Strecke. Nur war sie heute frisch gekiest, und das ist einfach nur anstrengend. Man sieht die vorhandenen Löcher nicht mehr richtig und wird ständig abgebremst, weil der Kies tiefer wird. Aber in Leipheim war das ganze überstanden und es ging auf Naturwegen direkt an der Donau entlang.
Bei Gundelfingen nahm ich die nächste Abkürzung. Ich habe mich ja gestern schon darüber ausgelassen, dass ich nicht so darauf stehe, wenn der Radweg vom Fluss abzweigt, meist mit ordentlicher Steigung in den Ort hochführt, einmal um die Kirche und/oder Rathaus geht um dann wieder runter zur Donau zu führen. Das habe ich mir hier gespart und bin einfach unten an der Donau geblieben. Für mich die richtige Entscheidung, hatte ich nur ein bisschen bergauf und war dafür ganz allein an der Donau.
Bei Dillingen habe ich das ganze wiederholt und wieder die Gurkerei durch den Ort gespart. Dafür bin ich heute viele, viele Kilometer immer am Fluss entlang geradelt. Erst bei Höchstädt an der Donau hat das nicht mehr funktioniert und ich musste die Donau verlassen. Aber hier ging es vergleichsweise harmlos hoch in den Ort.
Nur wenige Kilometer weiter in Gremheim nahm ich die letzte, dafür längste Abkürzung für heute. Normal führt der Radweg hier in einem großen Bogen auf Landstraßen weit ab der Donau entlang. Letztes Jahr, in der Gegenrichtung unterwegs, hatte ich mich hier verfahren und hinterher festgestellt, dass dieser Weg zwar auf Schotter, dafür aber immer am Fluss entlang und in der Folge auch einige Kilometer kürzer ist. Diesen Weg nahm ich heute bewusst. Am Ende war ich dann schon in Donauwörth.
Leider hatte mein bevorzugtes Hotel keine freien Zimmer mehr. Deshalb habe ich mich für ein Hotel außerhalb, in Fessenheim entschieden. Ist dafür einige Euros günstiger. Auf den sechs Kilometern, die das Hotel außerhalb von Donauwörth liegt, konnte ich erfahren, wie es heute all denen erging, die in Richtung Westen unterwegs waren. Ich fuhr ein Stück den Wörnitzradweg, der Richtung Westen und leicht bergauf ging. Ganz schön anstrengend.
Morgen lege ich wieder einen Pausentag ein. Da ich hier am a.d.W. bin, wird das morgen ein richtig ruhiger Tag. Bisschen Wäsche waschen, okay. Dafür sind die nächsten drei Etappen samt Unterkünften schon fertig geplant. Fehlt nur noch eine bis zum nächsten Ruhetag. Das werde ich wohl schaffen. Ach ja, die Bilder zu den Blog-Einträgen werde ich wohl auch aufbereiten. Das nimmt am meisten Zeit in Anspruch. Aber ich habe ja den ganzen Tag Zeit 😊.
02.07.23 – von Riedlingen nach Ulm
Das Stadtfest hat meinen Schlaf nachhaltig gestört. Es war viel zu warm im Zimmer um das Fenster schließen zu können. Und bei offenem Fenster hat es bis weit nach Mitternacht gedauert, bis ich endlich eingeschlafen bin. Um 06:00 Uhr wurde ich von lauten Regentropfen geweckt. Nanu, lt. Wetterbericht soll es heute doch nicht regnen …
Bis halb acht zum Frühstück war der Schauer aber wieder vorbei. Nur war da keiner der das Frühstück ausgab. Licht brannte, aber kein Mensch da. Nach 15 Minuten fuhr ein Auto auf den Hinterhof und eine Frau mit Bäckertüten stieg aus „ich war nur schnell Weckle holen“. Nach dem Frühstück das Rad bepackt und durch‘s am frühen Sonntag Morgen verwaiste Riedlingen Richtung Donau gerollt.
Die Wege waren noch feucht vom Regen, aber es war fast noch niemand unterwegs. So gingen die ersten Kilometer flott dahin über Daugendorf, Bechingen nach Zwiefaltendorf. Kurz danach war es vorbei mit dem gemütlichen Dahinrollen. Nach Datthausen geht es so steil hoch, dass ich sogar beim Schieben mehrere Pausen einlegen musste. Ich meine mich daran zu erinnern, dass hier sogar das eBike im Turbo-Modus an seine Grenzen gekommen ist.
Die Anwohner hier wissen die Situation zu nutzen. Es kamen in der Folge noch mehrere äußerst giftige Anstiege. Und am Ende gab es oft eine improvisierte Rastmöglichkeit mit einem Automaten in dem gekühlte Getränke oder auch Eis angeboten werden. Für mich ging es erstmal weiter, auch dieser Teil war mir noch bestens bekannt. Flott bergab, dann wieder heftig bergauf, das ganze ein paar mal im Wechsel, dann war Rechtenstein mit seiner attraktiven Burg erreicht.
Obermarchtal wurde untenrum entlang der Donau passiert. In Untermarchtal ging es dann wieder länger bergauf. Belohnt wurde das mit einer längeren Abfahrt bis nach Munderkingen. Weiter ging es über mehrere Dörfer Richtung Ehingen. Nicht zum ersten Mal nahm ich mir vor für zukünftige Fahrten auf dem Donauradweg nach einer Alternative für die Durchfahrt durch Ehingen zu suchen.
Auf der einen Seite kann ich es verstehen, dass man die Radfahrer durch die Altstadt führen möchte. Aber das ist wieder so ein äußerst heftiges auf und ab, das ich nicht haben muss. Beim rauf läuft erst der Radfahrer heiß, und beim anschließenden ab laufen die Bremsen heiß. Das, für mich, gute, ab jetzt läuft es praktisch eben bis nach Ulm.
Dank des mir auch heute wohlgesonnenen Rückenwinds war ich wieder sehr schnell und schon um 14:00 Uhr in Ulm. Die letzten Kilometer waren sehr anstrengend, denn der kombinierte Fuß- Radweg ist recht schmal und stark frequentiert. Aber es ging alles gut, nur kurz vor meinem gebuchten Hotel habe ich mich noch verfahren.
Am Abend bin ich durch die Stadt gelaufen und im Ulmer Wirtshaus gelandet. Da werden alle Register gezogen und sämtliche Klischees bedient. Das Restaurant scheint vor allem auch bei ausländischen Besuchern bekannt zu sein. Als ich ankam, wurde einer asiatischen Familie eine Schweinshaxe pro Person serviert. Dazu bekam jeder einen überdimensionalen Latz umgebunden. Sehr interessant, denen beim Kampf mit der Haxe zuzuschauen. Bei mir war’s eine Nummer kleiner, habe mich für Cordon Bleu bayerische Art entschieden, gefüllt mit Obazda. Interessant!
01.07.23 – von Mühlheim an der Donau nach Riedlingen
Entgegen der Vorhersage kam in Mühlheim so gut wie kein Regen an. Die Unterkunft hier ist einfach, sauber und preiswert. Die italienische Betreiberfamilie ist der Hammer. Die Tochter führt das Restaurant, der Papa ist mehr für die Unterkunft zuständig. Die Unterhaltung zwischen den beiden erfolgt lautstark in einer Mischung aus deutsch und italienisch. Das Essen war klasse und konkurrenzlos günstig. Selten habe ich mich so wohlgefühlt.
Die Nacht war erholsam, ich hätte nur das Fenster ganz öffnen sollen. Für das Frühstück war wieder der Senior zuständig. Obwohl kein Buffet, war es so reichlich, dass ich nicht alles essen konnte. Weg gekommen bin ich um viertel nach acht.
Was folgte ist auf der einen Seite der schönste Teil der Donau, auf der anderen Seite aber auch der anstrengendste. Erstmal ging es noch ganz gemütlich los auf neu geteertem Radweg. Nach Fridingen ging es auf Schotter weiter und kurz darauf kam der erste giftige Anstieg.
Ich bin den Teil zwischen Donaueschingen und Ulm schon zweimal gefahren, allerdings mit dem eBike. Dieser Turbo hat mir heute leider gefehlt. Da blieb das eine oder andere mal nur wieder die Schiebeaktion übrig. Aber im Gegensatz zu gestern waren diese Anstiege relativ kurz.
Bei Beuron gab es die nächste Schiebestrecke. Auch wenn es mühsam klingt, war die Fahrt landschaftlich sehr schön. Den letzten und längsten Anstieg gab es bei Inzigkofen. Von dort aus ging es flott runter nach Laiz und weiter nach Sigmaringen. Das Hohenzollernschloss hier finde ich eines der schönsten und beeindruckendsten Schlösser, die ich kenne. Da können, meine Meinung, auch die Schlösser der Loire nicht mithalten.
Bei mir ging es gleich weiter über Sigmaringendorf nach Scheer. Hier ging es nochmal ein ganzes Stück bergauf. Als ich oben war, habe ich gemerkt, dass ich mein Pulver verschossen hatte. Recht mühsam ging es weiter über Ennetach nach Mengen. Hier kam ich direkt an einem Discounter vorbei. Nichts wie rein und eingekauft. Neben einer großen Flasche Wasser gab es ein Eis und einen Energiedrink. Nachdem ich das Eis und den Drink genossen habe, und damit auch eine längere Pause eingelegt habe, ging es mir wieder besser. Nicht ganz unschuldig war dabei aber auch der sehr flotte Rückenwind. Jedenfalls flog ich mit Rekordgeschwindigkeiten in Richtung Nordosten meinem Etappenziel entgegen. In der Folge war ich schon kurz nach 15:00 Uhr in Riedlingen.
Das Hotel Hirsch (das dritte mal Hirsch seit ich wieder in Deutschland bin 😊) habe ich direkt gebucht. Allerdings wusste ich nicht, ab wann ich anreisen kann. Lt. Internet hat das Lokal ab 10:00 Uhr durchgehend geöffnet. Also rein in die Altstadt und vor verschlossener Tür gestanden. Nach etwas Verwirrung habe ich den Wirt erreicht und konnte mein Zimmer beziehen.
Kleiner Wermutstropfen für mich, heute ist Stadtfest in Riedlingen und die Bühne für die Band steht nur ein paar Meter von meinem Hotel entfernt. Hier soll ab 21:00 Uhr der Punk abgehen. Das wäre eigentlich meine Zeit, schlafen zu gehen. Ich werde wohl ein Bier mehr trinken und hoffe, trotzdem irgendwie schlafen zu können. Heute Abend werden Erinnerungen wach, war ich doch in meiner Jugend viel in der Umgebung von Zwiefalten unterwegs. Natürlich gibt es heute Zwiefalter Klosterbräu. Hoffentlich sorgt es für die notwendige Bettschwere.
30.06.23 – von Radolfzell nach Mühlheim an der Donau
So, die nächsten vier Etappen bis Donauwörth sind klar. Es hat gestern auch noch für einen Einkaufsbummel in Radolfzell gereicht. Und hier habe ich sogar meine Bremsbeläge gefunden, nur eingebaut habe ich sie nicht, dafür war ich zu faul.
Das Hotel hier war bisher das beste in dem ich übernachtet habe. Es ist funktionell super ausgestattet. Kein Luxus, aber einfach und sehr gut. Heute früh war ich schon um 05:00 Uhr wach. Ich muss zugeben, vor der heutigen Etappe hatte ich ziemlich Bammel. Zum einen wegen der Wettervorhersage, es waren starke Gewitter und ordentlich Regnen vorhergesagt. Zum anderen, weil es heute die meiste Zeit, und teilweise ganz ordentlich bergauf gehen würde. Ich war mir nicht sicher, ob ich das konditionell schaffen würde.
Also habe ich mich noch eine Weile hin und her gewälzt und bin gegen 06:30 Uhr aufgestanden. Punkt 07:15 Uhr war ich beim Frühstück. Bis dahin hat es übrigens noch nicht geregnet. Danach zusammen packen und Fahrrad beladen, los gekommen bin ich um 08:10 Uhr – noch immer trocken.
Der erste richtige Anstieg kam gleich am Ortsende von Radolfzell, und mit ihm auch der Regen. Die meisten Sorgen mache ich mir immer um die Schuhe. Die sind zwar wasserdicht, aber irgendwann läuft es an den Beinen entlang so lange runter, bis das Wasser den Weg in den Schuh findet. Gamaschen helfen hier etwas, aber auch da läuft das Wasser irgendwann am Bein entlang rein. Die einzige Möglichkeit das zu verhindern ist eine lange Regenhose, die über die Gamaschen geht. Aber das ist im Sommer Sauna pur und schränkt die Bewegung ziemlich ein.
Da es irgendwann ganz ordentlich regnete, entschied ich mich erstmal für Regenjacke und Gamaschen. Lt. Regenradar sollte es nicht zu lange regnen. Dass die Hose dabei nass wird, nehme ich gerne in Kauf. Die trocknet wieder bis morgen. Nach dem ersten Anstieg ging es erstmal einige Zeit eben weiter. Und siehe da, der Regen hörte wieder auf und ich konnte das Regenzeug wieder verstauen.
Zwischen Wahlwies und Orsingen unterquerte ich die A98 und weiter ging es nach Eigeltingen. Eigentlich schön idyllisch, am Golf Resort Schloss Langenstein vorbei. Da musste ich jedoch passen und erstmal schieben. Das GPS zeigte 13% Steigung an. Und wie das so ist, kaum oben ging es genau so steil wieder runter.
Aber von nun an gab es nur noch eine Richtung, nämlich nach oben. Teilweise konnte ich im kleinen Gang fahren, aber über weite Strecken musste ich auch schieben. Und es waren Geduld und Ausdauer gefragt, denn immer wenn ich dachte ich bin oben, ging es noch weiter bergauf. Kurz vor dem Gipfel gab es dann nochmal ein Stück, bei dem ich sogar schiebend fast kapitulieren musste. Aber jetzt war der Aussichtspunkt Witthoher Höhe schon angeschrieben und nach noch ein paar hundert Metern habe ich ihn erreicht.
Dies ist mit 862 Metern Höhe über N. N. der höchste Punkt des EuroVelo 6 und für mich auch der Punkt, ich habe es geschafft! Und es war die ganze Zeit von oben her trocken bislang. Die Aussicht am Aussichtspunkt war auf Grund der tiefliegenden Wolken ziemlich begrenzt, bin gespannt was die Bilder hergeben.
Auch wenn es nun flott gen Tuttlingen ging, lief das nicht ohne noch zwei extrem heftige Anstiege ab. Inzwischen war ich eh ausgepowert und da war schieben obligatorisch. Ich dachte immer, anders herum wäre die Strecke relativ gut zu bewältigen. Aber die Abfahrt der letzten Kilometer nach Tuttlingen runter war eine große Herausforderung für die Bremsen, entsprechend steil geht es in Gegenrichtung nach oben.
Nun war ich also bereits in Tuttlingen und es war erst viertel nach zwölf. Ich hatte extra nur eine kurze Etappe geplant, da ich nicht wusste, ob ich nach der Bergüberquerung noch weiter kann. Es waren nur noch 11 Kilometer bis nach Mühlheim an der Donau. Jetzt zog es aber rund um Tuttlingen zu und die Wolken wurden dichter und dunkler. Also ohne Pause weiter.
In der Ebene rollte das Rad gut, aber so bald es nur minimal bergauf ging, musste ich in die ganz kleinen Gänge zurückschalten. Trotzdem kam ich schnell voran. Nur nicht übermütig werden, mein Hotel lag in der Altstadt von Mühlheim und da ging es wieder mit über 10% Steigung nach oben. Also musste ich auch die letzten 900 Meter normal schieben. Der Padron des Hotels nahm‘s gelassen und hat mich trotz der frühen Ankunft gleich auf mein Zimmer gelassen. Das Fahrrad steht trocken in der Garage und wegen mir kann der große Regen jetzt kommen.
28.06.23 – von Lienheim nach Radolfzell
In der Nacht habe ich nicht sehr gut geschlafen. Schuld waren mal wieder Schnaken im Zimmer. Ich habe es nicht geschafft, alle zu erwischen und auf die Autan-Orgie hatte ich keine Lust. Also, relativ wenig Schlaf. Keine so guten Voraussetzungen für den Tag. Frühstücken, zusammen packen, um 08:15 Uhr kam ich los.
Mein heutiger Fehler war, dass ich mich von der Grafik der Steigungen im GPS habe leiten lassen. Danach, so habe ich geglaubt, habe ich den Löwenanteil der Steigungen auf den ersten 25 Kilometern, später wäre alles halb so wild. Nur so war’s in Wirklichkeit nicht. Klar stieg es von Anfang an an, aber das war sogar für mich gut leistbar. Natürlich galt auch heute wieder, der Radweg stromaufwärts steigt viel stärker an als abwärts. An viele Abschnitte konnte ich mich von vorhergehenden Touren erinnern. Und so näherte ich mich recht schnell dem Rheinfall bei Schaffhausen.
Da ich auch den schon mehrfach in den letzten Jahren besucht habe, habe ich versucht, ihn eher oberhalb zu passieren, denn es geht zwar zuerst schön runter bis auf Rheinebene, dann aber auch wieder ordentlich hoch. Das ist mir nur teilweise gelungen. Aber ich war ja noch der Meinung, das schlimmste an Steigungen hinter mir zu haben. Dass da was nicht stimmte dämmerte mir dann als ich Schaffhausen hinter mir hatte. Es stieg und stieg und stieg … Ganz heftig wurde es nochmal nach Gailingen am Hochrhein. Mann, war ich froh als am Wegesrand ein Hofladen aufgetaucht ist. Normal ist Mehrweg in Glasflaschen ja eine feine Sache, aber für mich als Radfahrer auf der Durchreise ist das eher doof. Ein Karamalz trank ich vor Ort, die Flasche Mineralwasser nahm ich in der Lenkertasche mit.
Weiter ging es bergauf. Ich tröstete mich damit, dass danach Stein am Rhein erreicht wäre und dann kann es ja nur noch eben am See entlang gehen. Aber das war der, für mich, gemeinste Abschnitt, der nun folgte. Erst ging es ganz harmlos los und ich wähnte mich schon auf der sicheren Seite. Es ging in leichten, harmlosen Wellen in Sichtweite des Seeufers entlang. Plötzlich ein 90 Grad Winkel nach links und die Straße stieg steil an. Zwei Radler vor mir sind gleich abgestiegen und haben geschoben. Zwei andere haben sich hochgekämpft. Ich habe erst mitgekämpft, dann aber recht schnell eingesehen, dass das ne Nummer zu groß für mich war. Also auch geschoben. Der Berg wollte kein Ende nehmen. Endlich oben ging es ein bisschen eben, dann wieder genau so steil bergab.
Mir schwante, dass das jetzt so weiter gehen könnte – und so kam es, leider (für mich). Teilweise bin ich die Anstiege gefahren, teilweise musste ich sie schieben. Es war echt zermürbend. Irgendwann war ich in Horn, dahin hatte ich vor ein paar Jahren mal einen Kurztripp gemacht. Jetzt wusste ich, dass die Zeit dieser Gewaltanstiege vorbei ist. Aber ich war inzwischen so platt, dass es eh kein rundes Pedalieren mehr war. Nur, auch kleine Gänge machen Strecke und ich kam Radolfzell Stück für Stück näher. Was war ich froh, als ich endlich am Ziel war.
Das Hotel hier ist ziemlich okay, da ich Einzelzimmer gebucht habe, hat es auch nur ein schmales Single-Bett. Aber es gibt eine Sitzecke und einen schönen Schreibtisch. Da halte ich es bis Freitag aus. Das beste: vor dem Fenster ist Fliegengitter. Endlich mal wieder schlafen bei offenem Fenster und keine Stechmücken. Restaurantempfehlung des Hotels war Gaststätte Turnerheim, eine gute Empfehlung, wie ich erfahren durfte.
Morgen muss ich mal wieder dringend Wäsche waschen und ein paar Sachen einkaufen gehen. Sightseeing wird vermutlich eher ausfallen.
27.06.23 – von Weil am Rhein nach Lienheim
Das Hotel war eigentlich gar nicht schlecht. Für die Lage, nur wenige 100 Meter von der Schweizer Grenze entfernt, lag es sehr ruhig und relativ günstig noch dazu. Hilft allerdings nicht viel, wenn morgens um viertel vor sechs ein anderer Hotelgast direkt vor meinem Fenster erstmal 7 bis 10 Zigaretten hintereinander reinzieht, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Das ganze begleitet von den üblichen Hustenanfällen starker Raucher.
Die Uhrzeit hat mich nicht so gestört, da bin ich eh meist schon wach. Aber der Zigarettenqualm – das ist für mich als absoluter Nichtraucher schon eine Zumutung. Na ja, jedenfalls war ich um Punkt 07:00 Uhr beim Frühstück. Danach die übliche Routine mit zusammen packen und auschecken. Jedenfalls war ich um 08:00 Uhr wieder unterwegs.
Nach nur wenigen Minuten war schon die Schweizer Grenze erreicht und es ging durch Basel. Die Strecke kenne ich ja schon zur Genüge, nur bin ich sie bisher immer in die andere Richtung gefahren. Und viel später am Tag und, ich glaube, immer am Wochenende. Die vielen radfahrenden Berufspendler waren für mich eine Herausforderung. Die schossen mit Höchstgeschwindigkeit von allen Seiten und aus allen Richtungen um mich herum. Ich war mit meinem Schwertransporter ein wahres Verkehrshindernis. Und ich war sehr froh, als Basel hinter mir lag und der Radverkehr merklich nachgelassen hat.
Gefühlt ging es heute den ganzen Tag nur bergauf. Ist vermutlich auch nicht ganz falsch, denn ich fahre ja flussaufwärts. Und bei der Strömungsgeschwindigkeit die der Rhein hat, könnte das mit meinem Gefühl übereinstimmen. Aber, so langsam gewöhne ich mich wohl ans Radfahren, ich bin trotzdem wieder sehr gut voran gekommen. Das blieb so, bis ich in Waldshut-Tiengen gemeint habe, einen Abstecher nach Tiengen machen zu müssen.
Mich ärgert eigentlich von Anfang an meine Vorderradbremse. Als Folge des Unfalls letztes Jahr war eine neue Bremsscheibe erforderlich. Allerdings hat die Werkstatt die alten Bremsbeläge drin gelassen. Das hat bei den Fahrten zu Hause nicht gepasst. Also habe ich noch vor Tourbeginn die Beläge gewechselt. Leider neigt die Bremse jetzt zum Quietschen. Das nervt ungemein. Daher kam mir die Idee, die verbauten Metallbeläge gegen organische (Sinter-Beläge) zu wechseln. Leider habe ich nur einen Satz metallene dabei. Daher bin ich von der Route abgewichen und habe in Tiengen zwei Radläden aufgesucht um neue Bremsbeläge zu kaufen. Leider Fehlanzeige, keiner hatte sie vorrätig. Aber mich hat die Aktion fast zwei Stunden gekostet.
Also wieder zurück zur Route und weiter Richtung Hohentengen am Hochrhein gefahren. Die Strecke hielt noch zwei schöne Schmankerl in Form von Steigungen bereit. Die eine war mir noch aus der anderen Richtung geläufig. Die ist eigentlich schon zum runterfahren zu steil. Natürlich musste ich die komplett schieben. Dann ging es noch ein Stückchen eben und dann kam der Schlussanstieg zum heutigen Etappenort Lienheim. Ich war schlicht platt – und froh am Ziel zu sein.
Das Hotel hier ist die moderne Version eines Landgasthofs. Das Zimmer ist schön, allerdings durch die am Hotel vorbeiführende Straße nicht sehr ruhig. Und endlich gibt es mal wieder gut bürgerliche Küche. Nach der Zeit in Frankreich habe ich mich darauf gefreut. Nun bin ich gespannt auf morgen, da sollen es noch ein paar Höhenmeter mehr sein. Dafür 15 Kilometer weniger als heute.
26.06.23 – von Montbéliard nach Weil am Rhein
Nach einer sehr angenehmen Nacht, das Hotel ist klimatisiert, bin ich gegen 06:00 Uhr aufgestanden. Duschen, Zähne putzen und zusammen packen klappt inzwischen sehr routiniert. Daher war ich schon kurz vor 07:00 Uhr beim Frühstück. Offensichtlich bin ich der einzige Frühaufsteher, denn ich war ganz allein. Ergebnis, es war noch nicht mal halb acht, als ich abgefahren bin.
Ich hatte wieder 90 Kilometer bis zum Ziel vor mir. Auf den ersten Kilometern ging es noch nicht so richtig rund, die Beine wollten nicht so richtig. War gestern doch etwas viel, vor allem die Umleitungsstrecke. Aber Stück für Stück ging’s besser und ich kam wieder sehr gut voran. Allerdings ging es immer noch bergauf.
Um mal ein bisschen mit Wikipedia-Wissen zu glänzen, der Rhein-Rhône-Kanal verbindet, welch Wunder, den Rhein mit der Rhône. Dabei müssen einige Höhenmeter überwunden werden. Von der Saône aus geht es 170 Meter nach oben. Erstaunlich wenn man bedenkt, dass Wasser ja nicht bergauf fließen kann. Deshalb gibt es auf der ganzen Strecke 82 Schleusen bis zum Scheitelpunkt bei Montreux-Vieux auf 345 Meter Höhe. Und dazu haben mir von Montbéliard noch 26 Kilometer gefehlt.
Dann aber kam der Teil auf den ich mich schon lange gefreut habe. Jetzt ging es 40 Schleusen und 110 Meter bergab. Und die liefen wie Schmidts Katze. Es kam nämlich noch dazu, dass der Wind heute mal wieder mein großer Freund war. Er blies ziemlich heftig aus West, und ich fuhr, zumindest bis Mühlhausen, genau nach Ost. Die Kombination aus 110 Höhenmeter nach unten und dem Rückenwind sorgten dafür, dass ich die nächsten 30 Kilometer „geflogen“ bin.
Resultat war, dass ich schon um 10:30 Uhr fast 60 Kilometer hinter mir hatte und in Mühlhausen eine, wie ich finde, verdiente längere Pause einlegen konnte. Ab da wurde es wieder etwas zäher, denn nun ging es wieder leicht „bergauf“. Schlimmer war aber die glühende Hitze, die hier herrschte.
Die verbliebenen 35 Kilometer zogen sich entsprechend langsam dahin. War aber auch nicht weiter tragisch, ich war viel zu früh dran und konnte daher immer wieder noch längere Pausen einlegen. Es zog sich dann aber trotzdem recht zäh.
Ich kannte die Strecke eigentlich schon aus der anderen Richtung, hatte sie aber nicht mehr so mühsam in Erinnerung. Jedenfalls war ich sehr froh, als endlich die Dreiländerbrücke kam. Lt. der Dame am Hotelempfang die längste Hängebrücke in Deutschland, die nur für Fußgänger und Radfahrer freigegeben ist.Dann war ich plötzlich wieder in Deutschland. Hätte man allerdings nicht meinen können, es gab deutlich mehr Autos mit Schweizer Kennzeichen als mit deutschem. Und man hat sofort gemerkt, dass man wieder in Deutschland ist, der Verkehr war sofort militanter als noch vor ein paar Minuten in Frankreich. Hotel war jedenfalls schnell erreicht und jetzt bin ich gespannt, ob es morgen zum Frühstück endlich mal wieder Vollkornbrötchen gibt. Inzwischen reicht es mir mit den Baguettes und vor allem den Croissants, davon war ich eh nie ein großer Freund.
25.06.23 – von Chalezeule nach Montbéliard
Heute Morgen ging es mir schon viel besser beim aufwachen. Das war auch gut so, denn ich hatte mit 89 Kilometern die bislang längste Etappe vor mir. Als ich um 07:30 Uhr zum Frühstück erschienen bin hatte ich den Eindruck, dass der Chef wohl vergessen hatte, dass wir das als Frühstückszeit vereinbart hatten. Er wirkte etwas sauer. Aber, wie gesagt, er sprach nur Französisch und seine Frau war noch nicht da. Mir aber egal, ich habe schnell gefrühstückt, mein Zeug gepackt und bin schon kurz vor acht losgefahren.
Am Anfang waren meine Knochen noch etwas eingerostet, aber mehr und mehr kam ich in den Flow. Auch wenn die Etappe durchaus einige Steigungen enthielt, die ich teilweise auch schieben musste, kam ich unter dem Strich gut voran. Das lag nicht zuletzt an meinem super laufenden Hinterrad. Als es Richtung 12:00 Uhr ging war ich noch in der Challange, schaffe ich die 34 Kilometer (bisherige Entfernung von zu Hause zur Arbeit und zurück) oder komme ich sogar unter die 30 Restkilometer. Es sah sehr gut für die zweite Variante aus, bis, ja, bis ein sehr hässliches Schild kam „Route barrée“, „Déviation“ mit eindeutigem Zusatz für Fahrräder und dem EuroVelo 6 Symbol.
Bislang bin ich da immer weiter gefahren, aber da hat auch der Hinweis auf die Räder gefehlt. Also dem Umleitungsschild gefolgt. Es ging erstmal zwei Kilometer quasi zurück. Und hier begann das Abenteuer, denn diese Umleitung war äußerst spärlich ausgeschildert. Ich hatte das Glück, dass noch eine andere Radlerin unterwegs war und gemeinsam haben wir uns auf eine Strecke geeinigt, auch wenn sie nicht ausgeschildert war. Hatte ich bis dahin schon einige Steigungen, kam jetzt eine ungeplante dazu. Sie sollte sich als die mit Abstand längste und steilste herausstellen. Die andere Radlerin war ohne Gepäck unterwegs und fuhr mir recht schnell davon. Ich habe bald kapituliert und mein Rad geschoben. Und geschoben und geschoben. Die Steigung wollte kein Ende nehmen. Immer wenn ich dachte oben zu sein, ging es nochmal weiter bergauf.
Meine Challenge von vorhin war schon längst passé, ich kam nur noch im Schritttempo voran. Als ich endlich, endlich oben war, kam das nächste Schild „Straße in schlechtem Zustand“. Es ging nun zwar bergab, aber die Straße war in so schlechtem Zustand, dass ich abwärts nicht viel schneller fahren konnte als vorher bergauf. Mir taten schon die Hände vom Bremsen weh, als es endlich wieder besser wurde. Ich konnte das Rad kurzzeitig mal mit Vollgas bergab laufen lassen.
Als ich endlich wieder auf dem Radweg war, hatte ich zwar die Challenge unter 30 Kilometer erreicht, dafür aber auch fast eine Stunde verloren. Nicht wirklich ein Problem, ich war ja sehr früh dran. Aber diese elend lange Steigung hat sich jetzt schon bemerkbar gemacht. Im nächsten Ort, L‘Isle-Sur-Le-Doubs, war zum Glück ein offener Kiosk. Dort habe ich mich mit kaltem Wasser und Cola eingedeckt.
Weiter ging es nun eher gemächlich. Ich blieb meist in den Gängen 10 und 11, was mir völlig gereicht hat. Und trotz der Umleitungsstapaze war ich trotzdem schon gegen 15:00 Uhr am Ziel. Ich habe mir hier in Montbéliard wieder ein einfaches Ibis-Budget genommen. Der Check-in geht problemlos am Automaten. Einen Abstellplatz für Fahrräder habe ich nicht gesehen, daher habe ich mein Rad kurzerhand in die Nische im Treppenhaus gestellt. Bislang hat sich noch keiner darüber beschwert.
Heute ist mein letzter Abend in Frankreich, deshalb, aber auch in Ermangelung von Alternativen, bin ich am Abend in ein gut ein Kilometer entferntes Steakhouse gelaufen und habe hier normal richtig geschlemmt. Morgen habe ich nochmal über 90 Kilometer, allerdings das meiste bergab. Dann bin ich in Weil am Rhein und habe Frankreich einmal durchquert. Frühstück gibt’s hier schon ab 06:30 Uhr, einem früheren Start steht also nichts im Weg.
24.06.23 – von Dole nach Chalzeule
Der freie Tag in Dole ist zu einem großen Teil für die Detailplanung der nächsten Tage drauf gegangen. Ich war erst nach 12:00 Uhr damit fertig. Das Problem war wieder bezahlbare Unterkünfte zu finden. Bin dann schnell unter die Dusche und danach noch eine Runde durch Dole spaziert.
Am nächsten Morgen ging’s mir beim Aufstehen nicht so gut, irgendwas lag im Magen quer. Ob ich was falsches gegessen habe oder das letzte Bier schlecht war – keine Ahnung. Jedenfalls gab’s zum Frühstück nur eine Tasse Kaffee und dann ging’s ans zusammen packen. Gegen 08:30 Uhr verlies ich mein Super-Apartment und mache mich auf den Weg ins 64 km entfernte Chalezeule, einem kleinen Ort hinter Besançon.
War der Wind vorgestern mein Freund, war er heute das Gegenteil. Gegenwind war ich ja eigentlich schon gewohnt, hat er mich doch die meiste Zeit auf meiner Tour begleitet. Aber heute war er noch ein paar Knoten stärker. Entsprechend waren die kleineren Gänge gefragt. Ich bin eigentlich trotzdem relativ gut voran gekommen, bis mich nach ungefähr der Hälfte der Strecke das Schicksal ereilt hat.
Plötzlich gab es ein laut vernehmbares Plong. Das war eindeutig ein anderes Geräusch als das sonstige Geknarre im Antriebsstrang. Ich konnte es erstmal nicht zuordnen, allerdings habe ich bei einem Blick auf das Hinterrad gesehen, dass es relativ stark eiert, also einen ordentlichen Achter hat. Jedoch wusste ich nicht, ob das erst seit jetzt oder schon länger so war. Ich meinte auch, neue „Geräusche“ wahrzunehmen. Aber ich fuhr erstmal weiter, langsamer und vorsichtiger als zuvor. Ab jetzt habe ich von der Strecke nicht mehr so viel mitbekommen, ich war am Überlegen, ob ich ein echtes Problem habe oder nur einen Achter im Hinterrad. Durch die Gepäcktaschen war der Blick auf das Rad ziemlich eingeschränkt und so habe ich die gebrochene Speiche bei kurzen Rastpausen nicht gesehen.
In Besançon dominierte kurz ein anderes Thema. Hier wird die Zitadelle mit einem Tunnel, den sich Fahrräder und Boote teilen, unterquert. Ich habe dabei ganz deutlich gemerkt, dass ich seit meinem Crash letztes Jahr, ziemlich Bammel vor Tunneln habe. Jedenfalls war ich sehr froh, als ich durch war.
Jetzt waren es nur noch sieben Kilometer bis zu meinem Hotel. Dort angekommen musste ich noch warten, da die Rezeption lt. Info von Booking.com erst zwei Stunden später aufmachen soll. Ich habe erstmal alles Gepäck abgeladen und das Hinterrad genauer unter die Lupe genommen. Und jetzt hat sich meine schlimmste Befürchtung bewahrheitet, eine Speiche war gebrochen. Ich habe eine ganze Weile hin und her überlegt, das Internet befragt, etc. Aber so wie ich das sah, hätte ich die Bremsscheibe abmontieren müssen, und das war mir zu heiß. Das habe ich noch nie gemacht, und Bremsen sind ja nicht ganz trivial.
Also gab’s zu diesem Zeitpunkt zwei Überlegungen, ich klebe die gebrochenen Speichenreste mit Klebeband an die jeweils angrenzenden Speichen, damit sind die neuen Geräusche wieder weg. Und ich riskiere damit die Weiterfahrt für mindestens zwei Tage. Denn morgen ist Sonntag und da hat sicher kein Fahrradgeschäft offen. Oder ich klebe die Speichen fest und schaue nach einer Zugverbindung nach Montbéliard. Ich musste weiter, da ich das Hotelzimmer dort nicht mehr stornieren konnte. Ja , und eigentlich gab es noch eine dritte Alternative, ich versuche mit Hilfe der Hoteliers eine Werkstatt zu finden, die mein Problem heute noch repariert.
Erstmal habe wieder alles zusammen gepackt und wollte auf das Öffnen der Rezeption warten. Aber kaum fertig, kamen eine junge Frau und ein junger Mann und das Hotel war schon geöffnet. Jetzt ging’s Schlag auf Schlag. Der Chef konnte nur Französisch und hat mir erstmal ein besseres als das gebuchte Zimmer gegeben. Das lag im ersten, statt dritten Stock, damit ich nicht so weit schleppen muss. Schonmal sehr nett. Dann hat er seine Frau geholt, und die konnte perfekt deutsch, da sie gebürtige Österreicherin ist. Ihr konnte ich mein Speichenproblem schnell und einfach erklären. Die beiden haben sich sofort ans Telefon geklemmt und solange herum telefoniert, bis sie einen Radladen gefunden haben, der noch offen hat. Der Clou, der Chef hat mich sogar dorthin gefahren.
Also schnell Hinterrad ausgebaut und schon ging’s los. Mir kam die Fahrt ewig vor und ich dachte mir, da hätte ich mit dem Rad ja mindestens ne Stunde gebraucht. Tatsächlich habe ich am nächsten Tag gesehen, dass ich in ca. 10 – 15 Minuten dort gewesen wäre. Die haben sich dort auch gleich um meine Rad gekümmert. Ich vergaß zu erwähnen, dass ich seit meinem USA-Tripp 2019 immer ein paar Ersatzspeichen dabei habe. Als der Monteur mit meinem Hinterrad verschwand, fiel die ganze Anspannung von mir ab und ich hätte fast heulen können vor Erleichterung. Ich weiß nicht mehr, wie lange das ganze gedauert hat, ich hätte natürlich auch zuschauen sollen – der nächste Speichenbruch kommt bestimmt – aber das habe ich zu dem Zeitpunkt nicht mehr gerafft. Als die Reparatur fertig war, wollten sie nicht mal Geld von mir, also habe ich großzügig für die Kaffeekasse gespendet.
Zurück im Hotel schnell das Hinterrad eingebaut, es lief wieder einwandfrei zentriert, und dem Chef eine ebenso großzügige Spende gegeben. Jetzt konnte ich endlich entspannen, habe ausgiebig geduscht und relaxed. Am Abend hatte ich noch eine größere Wanderung vor mir, um ein Restaurant zu finden. Als ich nach dem Abendessen zurück war, hätte ich gleich wieder duschen können. Jedenfalls war ich um 21:30 Uhr schon so müde, dass ich schlafen gegangen bin. Und ich war richtig glücklich, dass mein Rad wieder repariert war.
22.06.2023 – von Verdun-sur-le-Doubs nach Dole
Ich habe sehr gut geschlafen, war aber trotzdem wieder früh wach. Heute war von der Wettervorhersage her der kritischste Tag, und ich hatte knapp 80 km vor mir. Trotzdem musste ich warten, denn ich konnte das Frühstück nur auf 07:30 Uhr vorziehen, früher ging nicht. Das Frühstück war für Frankreich echt gut – lag, wie alles in diesem Haus, auch über meinem Budget – aber ich war vom Vorabend noch so satt, dass ich gar nicht viel essen konnte. Noch schnell bezahlen, alles zusammen packen, auf‘s Rad geschnallt und los ging‘s.
Bei der Abfahrt um 08:15 Uhr hat es leicht getröpfelt. Mehr aber auch nicht. Inzwischen meint meine Wetter-App, es könnte bis Mittag trocken bleiben. Also habe ich Gas gegeben. Leider ging es zu Beginn viel auf befahrenen Landstraßen entlang, das macht nicht so viel Spaß. Aber nach einigen Kilometern wurden es doch mehr und mehr reine Radwege. Und ich hatte heute einen Verbündeten, der mich die meiste Zeit dieser Tour im Stich gelassen hat: der Wind kam die meiste Zeit von hinten. Das tat mal gut, und ich bin richtig gut voran gekommen. Wie viel das ausmacht habe ich bei Pagny-la-Ville gemerkt. Da musste ich einem Seitenkanal der Saône für knapp zwei Kilometer in die Gegenrichtung bis zu einer Brücke folgen. Da blies ganz gehörig. Was für ein Glück.
Mehrmals begann es zu tröpfeln, einmal habe ich sogar schon die Regenklamotten angezogen. War aber falscher Alarm, nach nur einem Kilometer habe ich sie wieder ausgezogen. Gegen 11:00 Uhr und nach schon über 50 Kilometern hatte ich Saint-Jean-de-Losne erreicht. Hier war es rundherum schwarz am Himmel und mir wurde klar, trocken wird das heute nichts mehr. Also schnell weiter. Ich konnte zwar erst ab 14:00 Uhr mein Apartment in Dole beziehen, aber vielleicht war es ja schon vorher fertig? Wieder einige Kilometer weiter bei Saint-Symphrien-sur-Saône traute ich meinen Augen nicht. Mein Radweg verlies die Saône und folgt ab hier dem Canal-du-Rhône-au-Rhin, dem Rhein-Rhône-Kanal. Ich kannte den teilweise auch schon von meiner 2018er Tour, wusste aber nicht, dass er hier in die Saône mündet. Und es war immer noch trocken.
Das hielt noch so bis Damparon, dann war Schluss und es begann zu regnen. Ich hatte die leise Hoffnung, dass es vielleicht nochmal aufhört und habe mich ein paar Minuten unter eine überdachte Einfahrt gestellt. Aber dem war nicht so, jetzt regnete es sich ein. Immerhin konnte ich mich hier in aller Ruhe regentauglich anziehen. Außerdem konnte ich mein Glück kaum fassen. Seit Sonntag war täglich Regen abgekündigt. Aber nur am Sonntag musste ich mal für eine Stunde im Regen fahren. Und jetzt, es waren nur noch 12 Kilometer bis zum Ziel. Das hätte viel schlimmer kommen können. Ich war so happy darüber, dass mir das Nass von oben gar nichts mehr ausgemacht hat und ich schnell noch die letzten Kilometer zum Ziel hinter mich gebracht habe.
Es war 13:10 Uhr und der Schlüsselsafe war noch leer. Ich habe mich erstmal in Sichtweite unter ein Vordach gestellt und mich auf die Wartezeit eingestellt. Aber gerade als ich über Smartphone den Vermieter kontaktieren wollte, kam ein junger Mann an den Schlüsselsafe. Ich habe ihn natürlich gleich angesprochen und es stellte sich heraus, dass das Apartment gerade fertig geworden ist. Ich hatte das die letzten Wochen schon öfter gemacht. Über booking.com werden, zumindest hier in Frankreich, viele Apartments von privaten Vermietern angeboten. Bei den meisten hatte ich Glück gehabt, die waren alle voll in Ordnung. Man bekommt quasi eine komplett eingerichtete Wohnung zur Verfügung gestellt und die Preise sind obendrein meistens noch günstiger als Hotelzimmer.
Aber diese Wohnung hier ist der Hammer. Riesengroß, zwei Schlafzimmer, Wohn-Ess-Bereich, Bad mit getrenntem WC und natürlich einer komplett ausgestatteten Küche. Im 4. Stock gelegen und sogar mit Aufzug. Und das beste, es gibt eine Waschmaschine und einen Trockner, und sogar Waschmittel ist vorhanden. Das muss genutzt werden, erstmal alle Klamotten, egal ob Sportzeug oder zivil, in die Waschmaschine gepackt. OK, die Waschprogramme auf Französisch habe ich nicht verstanden, daher habe ich ein Öko-Programm bei 20 Grad gewählt. Das wird meinen Hemden schon nicht schaden. Inzwischen bin ich mit bislang noch wenig bis ungenutzter Garderobe in den nahen Supermarkt gegangen und habe eingekauft. Heute Abend wird gekocht. Nudeln mit scharfer Tomatensoße, dazu angebratene Chorizo und Tomaten. Natürlich auch ein, zwei Döschen Bier, die habe ich mir heute verdient.
Als ich zurück gekommen bin, war die Wäsche fertig. Was ich heute noch brauche, geht in den Trockner, der Rest auf die Leine. Gegen Abend hat es sich dann richtig eingeregnet und ich war froh, nicht auf Restaurantsuche gehen zu müssen, sondern alles notwendige schon im Haus zu haben. Das Apartment habe ich für zwei Tage, muss mal wieder einen Tag Pause machen, meine Akkus laden und vor allem die nächsten Etappen planen.
Ach ja, so ganz nebenbei funktioniert mein Kamera-Adapter wieder. Als ich in Verdun-sur-le-Doubs war, habe ich ein Update auf‘s Smartphone geladen. Da stand was von Fehler mit Kamera-Adapter beseitigt. Also habe ich das gleich noch ausprobiert, und siehe da, jetzt funktioniert die Übertragung wieder. Dass es ein Softwarefehler ist, darauf wäre ich nie gekommen. Ich wollte schon den Adapter entsorgen …
21.06.23 – von Saint-Bérein-sur-Dheune nach Verdun-sur-le-Doubs
Die Nacht war speziell. Als erstes musste ich eine ganze Armada an Stechmücken ermorden. Da die ganze Unterkunft sehr dunkel war, waren die Biester nicht leicht auszumachen. Am Ende habe ich kapituliert und mich mit einer halben Flasche Autan eingerieben. Das hat auf jeden Fall funktioniert, denn ich hatte am nächsten Morgen keinen einzigen Stich abbekommen. Trotzdem habe ich nicht wirklich gut geschlafen, dafür war es einfach zu muffig.
Nach einem spartanischen Frühstück habe ich mich auch recht schnell verabschiedet und mich auf den Weg gemacht. Noch immer habe ich unglaubliches Glück mit dem Wetter. Noch früh um 05:30 Uhr hat es kräftig geregnet. Bei der Abfahrt war es aber schon wieder trocken. Noch gab es viele Wolken und ich hätte mich nicht gewundert, wenn es wieder angefangen hätte war aber nicht, es blieb trocken und teilweise auch recht sonnig.
Erst ging es entlang des Canal du Centre nach Norden bis Chagny. Dann macht der Kanal einen großen Bogen und es geht komplett nach Süden. Damit wird ein Höhenzug umschifft, der mit Schleusen nicht zu überwinden gewesen wäre. Nach insgesamt rund 40 Kilometern war Chalon-sur-Saône erreicht. Und hier drehte der Radweg wieder Richtung Norden, allerdings der Saône entlang.
Ich habe zwar nichts erkannt, aber 2018 musste ich die heutige Route gequert oder vielleicht sogar ein Stück entlang gefahren sein. Ich bin damals von Dijon gekommen und war auf dem Weg nach Lyon. Aber, wie gesagt, erkannt habe ich nichts. Inzwischen lag Chalon-sur-Saône hinter mir und es ging in schwüler Hitze entlang der Saône. Hier habe ich endlich mal auch ein größeres Frachtschiff gesehen.
Ich war dann doch recht froh, als ich mein heutiges Ziel, Verdun-sur-le-Doubs, erreicht habe. Ist ganz interessant, der Doubs, der mich auch noch ein paar Tage begleiten wird, fließt hier in die Saône. Aber auch morgen werde ich die meiste Zeit noch der Saône folgen. Egal, ich habe noch etwas im Zentrum des Städtchen pausiert und dann mein Hotel aufgesucht. Das liegt eigentlich völlig über meinem Budget, aber es war nichts anderes zu bekommen.
Das mit dem Budget zog sich am Abend fort, denn in Ermangelung von Alternativen musste ich im Restaurant des Hotels zu Abend essen. 70,— € für das Menü, natürlich ohne Getränke. Dafür war es aber auch sehr gut und reichlich. Nur das da einer keinen Wein trinkt, sondern ein Bier, das war für die Anwesenden (Personal wie Gäste) doch etwas ungewohnt. Da das Essen viele Gänge hatte, zog es sich bis in den späten Abend hin. Ich war erst gegen 21:45 Uhr fertig und bin dann gleich auf‘s Zimmer. Bei mir gilt ja, der frühe Vogel …
20.06.23 – von Paray-le-Monial nach Saint-Bérain-sur-Dheune
Eigentlich war’s ein schönes Apartment in dem ich hier untergekommen bin. Wenn ich es mir denn nicht mit einigen Schnaken hätte teilen müssen. Gehört habe ich sie erst morgens irgendwann nach 05:00 Uhr, aber dann war an Schlaf nicht mehr zu denken. 20 vor sechs bin ich schließlich aufgestanden. Habe mir sehr viel Zeit für alles, vor allem das selbst gemachte Frühstück, genommen.
20 vor neun war ich dann aber wieder auf der Straße. Die wichtigste Regel heute lautet, ja nicht der Beschilderung des EuroVelo folgen, sondern immer der Straße am Kanal entlang. Nur einmal dachte ich, es wird schon nicht so schlimm werden und bin dem Radweg gefolgt. Schon war ich wieder im auf und ab gefangen. Danach bin ich wieder schön brav der Landstraße am Kanal gefolgt. Und hier kam ich auch recht gut voran. Auch der Verkehr war nicht übermäßig stark.
Klar, es war kein Radweg, aber hin und wieder mal ein Auto – fand ich jetzt angenehmer als das ständige auf und ab des originalen Radwegs. In Montceau-Les-Mines habe ich mich mit einem Sandwich und einer Flasche Limo eingedeckt und weiter ging’s. Wieder gab es keine Bank im Schatten, also habe ich das Sandwich wieder im Stehen gegessen.
In der Zwischenzeit zog es rundum zu, die Wetter-App sagt aber immer noch trocken bis heute Abend. Mal sehen, ob sie recht hat. Ich bin nämlich wieder eine Stunde zu früh dran und muss die noch im Freien verbringen, bevor ich in mein heutiges Chambre d‘Hautes kann. Château de la Motte – ich bin gespannt. Gab es wieder mit „Halbpension“. Gut so, da es weit und breit weder Restaurant noch Supermarkt gibt.
Das Château stellte sich als ein sehr alter und heruntergekommener Kasten heraus. Meine „Suite“, die ich mir im Haupthaus ruhig nach hinten heraus vorgestellt hatte, war letztendlich das ehemalige Gärtnerhäuschen. Leider direkt an der doch stark befahrenen Straße. Wenigstens das Table d‘Haute und hoffentlich auch das Frühstück gibt es im Haupthaus. Ich hoffe nur, dass sich die Gewitter und der Regen Zeit lassen, die Wege sind doch recht weit. Die Vermieter, das sehr alte Ehepaar M et Mme Mezzarobba scheinen sich mit der Vermietung ein paar Euro dazu verdienen zu wollen.
Inzwischen weiß ich etwas mehr. Außer mir nächtigt noch ein Ehepaar im Château. Die beiden kommen aus dem Grenzgebiet bei Saarbrücken und sprechen sehr gut Deutsch. Unsere Gastgeber waren zeitlebens im Gastgewerbe tätig, hauptsächlich Restaurants. Jetzt sind sie im Ruhestand und haben sich dieses Schloss gekauft. Der Kasten ist tatsächlich ziemlich runter gekommen und sie renovieren Zimmer für Zimmer. Fertig sind aber noch ganz lange nicht. Ihr ursprüngliches Gewerbe merkt man, denn das Abendessen war wirklich erstklassig. Und für mich war es mal eine ganz andere Erfahrung, das Abendessen im Gespräch mit anderen zu verbringen. Das hat aber natürlich nur funktioniert, weil die anderen beiden deutsch konnten. Mit der Wirtin selber kann ich nur das nötigste besprechen.
Nun hoffe ich, dass ich einigermaßen gut schlafen kann, und dass das Wetter nur halb so schlecht wird wie die Vorhersage. Frühstück habe ich mit 08:00 Uhr sehr spät bestellt, der Regen soll im Laufe des Vormittags aufhören.
19.06.23 – von Cronat nach Paray-Le-Monial
Ich habe die 07:30 pünktlicher genommen als der Wirt. Der geriet ganz schön in Hektik als ich um Punkt halb acht auf der Matte stand. Wurst und Käse gab es natürlich nicht, aber der Kaffee war gut und Baguette mit Marmelade ist auch okay. Ich habe danach wieder getrödelt und bin um 09:00 Uhr nach einem herzlichen und wortreichen Abschied, von dem ich so gut wie nichts verstanden habe, abgefahren.
In meiner heutigen Unterkunft konnte ich erst um 16:30 Uhr (nach zähen Verhandlungen!) einchecken. Also hatte ich viel Zeit für die 61 Kilometer. Aber es ging auch gleich ordentlich zur Sache, die heutige Bergwertung kam gleich zu Anfang. Weitab der Loire ging es bergauf und bergab durch das Hinterland. Einige Anstiege waren für mich zu heftig und ich musste absteigen und schieben. Mir war das aber relativ egal, hatte ich doch viel Zeit. Nach 20 Kilometern war es geschafft und ich war wieder unten auf „normalem“ Niveau.
Die restlichen Wolken hatten sich inzwischen auch verzogen und die Sonne brannte unbarmherzig von oben. In Verbindung mit den im Schatten noch feuchten Flecken ein sehr schönes Treibhausklima. Bei Diou ging es noch einmal über die Loire und anschließend am Seitenkanal entlang. Habe ich gestern noch ein Loblied auf die Kanalradwege gesungen, wurde mir heute gezeigt, dass das nicht immer stimmt. Auf Grund der Fahrtrichtung und dem Stand der Sonne, war nicht viel mit Schatten. Ich durfte mich durch die strahlende Sonne kämpfen.
Bei Digoin kam ein trauriger Moment. Waren schon seit Tagen keine Hinweisschilder „La Loire a Velo“ mehr zu sehen, verließ die weitere Route nun endgültig die Loire. Noch einmal querte der Canal Latéral à la Loire spektakulär die Loire, und ich mit ihm. Das wirklich spektakuläre war, dass diesmal auch tatsächlich Schiffe auf dem Kanal fuhren und die anschließende Schleuse von Digoin passierten.
Für mich ging jetzt das Suchen los. Ich brauchte einen Schattenplatz, um einige Zeit, die ich zu früh dran war, pausieren zu können. An der Schleuse von Digoin habe ich eine Stunde verbracht. Aber danach kam nichts mehr. Ich war inzwischen am Canal du Centre, aber auch der lag weitgehend in der Sonne und vor allem ohne Bänkchen im Schatten. Alsbald war ich daher am Zielort Paray-le-Monial angekommen.
Da meine Unterkunft fast drei Kilometer von Restaurants entfernt liegt, habe ich zuerst einen Supermarkt angesteuert und mich mit Abendessen und Frühstück eingedeckt. Dann ging die Suche nach einem Schattenplatz weiter. Nachdem ich kreuz und quer durch den Ort gefahren bin, wurde ich endlich fündig. Dabei ging aber so viel Zeit drauf, dass ich nur noch 25 Minuten „absitzen“ musste. Die letzten 2,5 Kilometer zur Unterkunft hatten es nochmal in sich, da es konstant bergauf ging.
Am Apartment angekommen waren die Reinigungsarbeiten noch nicht ganz abgeschlossen. Aber nach kurzer Wartezeit konnte ich mein Domizil auf Zeit endlich in Beschlag nehmen. Die Entscheidung, im Supermarkt einzukaufen, erwies sich als goldrichtig. Pünktlich ab 18:00 Uhr kamen die Gewitter und Regengüsse. Ich hoffe, dass ich auch die nächsten Tage weitgehend vom Regen tagsüber verschont bleibe. Die Vorhersagen sind nicht so gut. Aber jetzt kommt erstmal der morgige Tag und der soll trocken starten. Gewitter erst am Abend.
18.06.23 – von Nevers nach Cronat
Die beiden Ruhetage in Nevers haben gut getan. Auch wenn die letzte Nacht sehr unruhig war. Es war irgendein Fest in der Stadt, bei dem es kurz vor Mitternacht ein, ich sag mal, pyrotechnisches Spektakel gab. Es klang nicht wie Feuerwerk, eher wie die Nachbildung von Kriegslärm. Jedenfalls ging es über eine halbe Stunde mit Gewehrschüssen und Kanonendonner, danach zogen die restliche Nacht immer wieder Menschengruppen lautstark durch die Stadt.
Das Hotel hatte keine Klimaanlage, daher musste das Fenster offen bleiben. Ruhig wurde es erst ab 06:00 Uhr, da war für mich Zeit zum aufstehen. Ich habe mir Zeit gelassen, denn vor 15:00 Uhr konnte ich am Zielort nicht einchecken. Los gefahren bin ich kurz vor 09:00 Uhr, da war es noch trocken aber die ersten Regentropfen fielen schon. Als es dann immer stärker regnete, habe ich zuerst nur den leichten Regenschutz angezogen.
Nach einiger Zeit hörte es auch tatsächlich auf zu regnen, aber nur kurz, dann ging es um so stärker weiter. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich in die volle Regenmontur zu werfen. Diese Umzieherei auf freier Strecke dauert natürlich immer seine Zeit, und so kam ich in den ersten beiden Stunden nicht so weit wie geplant. Kurz vor Mittag war dann aber zum Glück Schluss mit dem Regen und ich war sehr froh, endlich aus den Regenklamotten raus zu kommen. Wie immer waren die innen genau so nass wie außen.
Kaum hatte der Regen aufgehört wurde es schwül-warm. Aber was soll‘s, da musste ich durch. Den ganzen Vormittag über verlief die Route übrigens am Kanal entlang. Wirklich sehr schön. Ist schon komisch, die Loire fliest ja in ihrem natürlichen Bett, daher läuft der Radweg selten am Ufer entlang. Meist weiter entfernt auf Deichen oder kleinen Straßen. Oft in der prallen Sonne. Der Kanal dagegen ist komplett künstlich angelegt. Aber immer links und rechts bewaldet und somit mit schattigem Radweg. Für mich eindeutig die bessere Option.
Bei Decise ging es kreuz und quer über verschiedene Kanäle und auch mal wieder über die Loire quer durch die Stadt. Teilweise auf Hauptstraßen, dass ich mich schon fragte, ob ich überhaupt noch richtig bin. Aber alles okay, am Ende ging es entlang des Canal du Nivernais. Und die Beschilderung Eurovelo 6 war auch wieder da. Allerdings leider nur ein kurzes Stück, dann ging es rechts ab und es folgte die heutige Bergwertung. Das waren nur rund sieben Kilometer, aber die hatten es durchaus in sich. Am Ende gab es eine heftige, aber leider kurze, Abfahrt und ich war wieder auf dem Niveau der Loire.
Jetzt folgte die andere Form der Herausforderung. Es gab nur noch leichtes auf und ab, aber das ganze bewegte sich auf kleinsten, wenig befahrenen Landsträßchen. Leider komplett in der, inzwischen vom wolkenlosen Himmel scheinenden, Sonne und in brütender Hitze. Unnötig zu erwähnen, dass sich auch ein heißer, böiger Gegenwind gebildet hat, der immer stärker wurde.
So 10 Kilometer vor meinem Ziel kam das Ärgernis schlechthin, zwei E-Biker gesetzten Alters, die mit einer Tretfrequenz von höchstens 60 an mir vorbei zogen. Ich im Schweiße meines Angesichts, schnaufend wie ein Elch, und die beiden im Ruhepuls. In solchen Situationen frage ich mich immer wieder, warum ich mir das antue. Natürlich habe ich den großen Fehler gemacht und wollte mit den beiden mithalten. Ging natürlich schief, die beiden zogen unaufhaltsam davon und ich war fix und alle. Ergebnis, die letzten vier Kilometer vor meinem Ziel ging es bergauf. Irgendwann konnte ich nicht mehr und musste schieben.
Aber mein Ziel habe ich dann schließlich doch noch erreicht und konnte mein Zimmer beziehen. Dieses Hotel stammt irgendwie aus einer anderen Ära. Total einfach, leider auch nicht sehr sauber. Dafür mit einem sehr freundlichen und bemühtem Chef. Ich war ursprünglich froh, noch ein Zimmer ergattert zu haben, am Ende war ich der einzigste Gast. Aber trotzdem gab es in dieser Unterkunft am Abend ein Dinner. Einen durchaus reichhaltigen Salatteller und danach irgendein geschmortes Schweinefleisch mit Pommes. Das Timing hat nicht ganz gepasst, das Fleisch stand schon fast zehn Minuten auf dem Tisch bis die Pommes kamen. Aber es war reichlich und geschmacklich gar nicht so schlecht. Da es auch reichlich Fassbier gab, war die Welt für mich in Ordnung. Die Portion war so groß, dass ich auf Nachtisch verzichtet habe. Das ganze übrigens für gerade mal 19,— €, Getränke extra :-).
Als ich mich mit einem finalen Bier vor das Lokal ins Freie gesetzt habe, hat der Wirt kurzerhand Feierabend gemacht. Blechrolläden knallten mit großem Getöse nach unten und ich war ausgesperrt. Nein, natürlich nicht. Zuvor hat mir der Wirt wortreich erklärt, dass der Hintereingang selbstverständlich offen wäre. Überhaupt war die Verständigung lustig. Es war das erste mal, dass jemand kein Wort Englisch gesprochen hat. Aber irgendwie haben wir uns trotzdem verstanden und auf morgen früh, 07:30 Uhr zum Frühstück vereinbart. Bis auf die unbändige Hitze habe ich auch sehr gut geschlafen. Die ganze Nacht zogen zwar Gewitter um uns herum. Aber uns hat es erst morgens gegen 05:00 Uhr getroffen. Um 07:00 Uhr war aber alles schon wieder vorbei.
15.06.23 – von La Charité-sur-Loire nach Nevers
Heute hatte ich nur 46 km zu radeln, daher habe ich versucht es langsamer angehen zu lassen. Das ist für mich gar nicht so einfach, wenn der Rhythmus sonst ein ganz anderer ist. Ich bin dann schlussendlich um 08:50 Uhr abgefahren.
Habe mich von Anfang an „gezwungen“, maximal im 10. Gang zu fahren. Das entspricht einer Geschwindigkeit von 15 bis 17 km/h. Und zumindest zu Beginn der Strecke hatte ich erstmal ganz andere Sorgen. Über dem Radweg waren unzählige Schwärme mit riesigen Mengen an ganz kleinen Mücken. Eigentlich harmlos, aber in diesen Massen waren die überall. Auf der Brille, hinter der Brille, in Nase und Ohren. Wahrscheinlich hätte zwei, dreimal den Mund weit geöffnet das Frühstück ersetzen können. Aber so weit bin ich noch nicht was den Superfood der Zukunft angeht.
Jedenfalls war ich recht froh als die Sonne höher stieg und damit die Mückenschwärme langsam verschwanden. Bei Aubigny traf ich wieder auf den Loire-Seitenkanal, bzw. auf seine Ableger. Und 15 km vor dem Ziel ging es dann wieder mit dem Kanal über eine spektakuläre Brücke über, nein nicht die Loire, sondern über l‘Allier. Die Loire war zu diesem Zeitpunkt schon nach Osten abgebogen, während der Radweg noch weiter Richtung Süden ging.
Das änderte sich nun und der Weg folgte einem Kanal nordöstlich. Hier fand ich wieder mal ein Bänkchen im Schatten und habe ausgiebig Pause gemacht. In Nevers, meinem heutigen Ziel, hatte ich ein etwas besseres Hotel gebucht in dem ich theoretisch schon ab 11:00 Uhr hätte einchecken können. Aber ich wollte es ja nicht übertreiben. Auf Grund der Kürze der Strecke war ich schon um 13:30 Uhr am Ziel und konnte tatsächlich gleich mein Zimmer beziehen. Eine gesicherte Unterstellmöglichkeit für mein Rad gab es auch, also alles gut. Den Nachmittag habe ich noch für ausgiebiges Wäsche waschen genutzt. Und am Abend habe ich mir ein ordentliches T-Bone-Steak gegönnt. Hier in Nevers bleibe ich drei Nächte um meinen Knochen etwas Erholung zu geben.
14.06.23 – von Gien nach La Charité-sur-Loire
Ich bin wieder früh aufgestanden und war um 07:00 Uhr schon frühstücken. Danach wieder schnell zusammen gepackt und ich war schon wieder vor 08:00 Uhr auf Tour. Das Hotel lag quasi direkt am Radweg und so ging es gleich weiter der Loire entlang.
Der „hügelige“ Teil der Strecke kam heute gleich zu Beginn der Tour und nach meinen Erfahrungen von gestern habe ich heute auf „Abkürzungen“ verzichtet und bin brav der Ausschilderung Loire-Radweg gefolgt. Der Lohn der Mühen war, dass ich bei Briare auf den Canal Laterale de la Loire (Loire-Seitenkanal) getroffen bin, der hier gleich mal mittels einer langen Brücke über die Loire geführt hat. Der begleitende (Rad-) Weg war relativ schmal und eigentlich hätte man das Rad aus Sicherheitsgründen schieben müssen. Aber da ich weit und breit der Einzigste war, bin ich einfach gefahren.
Jetzt begann ein sehr schöner Teil, denn der Radweg folgte nun für längere Zeit dem Kanal. Der war meist dicht von Bäumen gesäumt und man fuhr somit die meiste Zeit im Schatten. Hin und wieder kam eine Schleuse sogar das eine oder andere Sportboot kam entgegen. Bei Belleville-Sur-Loire Verlies der Radweg den Kanal und bog im rechten Winkel Richtung Loire ab. Irgendwie haben die Franzosen eine andere Einstellung zu Kernkraftwerken wie bei uns. Die Route führte jetzt direkt auf die beiden Kühltürme des Kernkraftwerks Belleville zu. So nahe bin ich einem solchen Kraftwerk noch nie gekommen wie hier. In Deutschland beim Neckartal-Radweg oder auch auf dem Isar-Radweg wird man in einem großen Bogen um die Kraftwerke herum geleitet. Hier direkt daran vorbei. Sieht fast nach Absicht aus, denn einige Kilometer weiter führte der Radweg wieder zurück an den Kanal.
Dem bin ich weiter bis Saint-Satur gefolgt. Dort gab‘s einen kurzen Abstecher in die Stadt, in einem Supermarkt etwas zu essen und trinken gekauft. Es war nämlich schon wieder Mittag und ich hatte auch schon wieder weit über 50 km hinter mir. Und es war richtig heiß zwischenzeitlich. Nur eine Stelle für eine Rast wollte sich partout nicht finden lassen. Irgendwann habe ich beim einzigen schattenspendenden Baum weit und breit angehalten und mein Sandwich im Stehen gegessen. Die Suche nach einem schattigen Plätzchen ging danach unvermindert weiter, denn ich war ja schon kurz vor meinem Tagesziel und ich hatte mit Erschrecken gesehen, dass die Rezeption des Hotels erst um 17:00 Uhr öffnen soll.
Leider wurde ich erst 2 km vor dem Ziel fündig und konnte die Wartezeit auf einem schönen schattigen Plätzchen verbringen. Und ich hatte Glück, die Rezeption öffnete schon um 16:00 Uhr. Auch dieses Hotel erwies sich als Glücksgriff. Einfach, aber sauber und mit einem sehr freundlichen Chef. Das Hotel liegt auf einer Insel in der Loire und beim Abendessen in einem Restaurant ebenfalls auf der Insel, hatte ich einen schönen Blick auf La Charité-sur-Loire am anderen Ufer.
13.06.23 – von Orléans nach Gien
Es hat dann doch gestern Abend noch etwas länger geregnet. Da ich mich nicht getraut habe, die Dachfenster währenddessen zu öffnen, war es extrem warm in meinem Himmelbett. Irgendwann in der Nacht bin ich schweißgebadet aufgewacht und habe, nachdem es nicht mehr geregnet hat, das Fenster geöffnet. Danach ging es etwas besser.
Am nächsten Morgen früh aufgestanden, denn es lagen ja etwas mehr als 80 km vor mir. Nach einem kurzen Frühstück ging es los. Da ich keine Lust mehr hatte, die 68 Stufen nochmals hoch zu gehen, war es etwas abenteuerlich, das ganze Gepäck auf einmal durch das schmale Treppenhaus zu schleppen. Aber runter ging allemal besser als rauf. Da ich keine genaue Anweisung hatte, was ich mit den Schlüsseln machen soll, habe ich sie einfach wieder in den Schlüsseltresor gepackt.
Die ersten Meter ging es flott bergab bis zur Loire. Dort wurde es etwas hektisch, denn es war Rush Hour – vor allem auch auf den Radwegen. Es schien ganz Orléans auf dem Fahrrad unterwegs zu sein. Prompt habe ich in der Hektik die Auffahrt auf die Brücke, die mich auf die andere Flussseite bringen sollte, verpasst. Also gewendet und rauf auf die Brücke. Auf der anderen Seite war der Radverkehr wie abgeschnitten. Ich war wieder fast allein unterwegs und hatte die Naherholungsgebiete von Orléans für mich.
Das Wetter hatte sich beruhigt und es versprach wieder ein heißer Tag zu werden. Der Wind kam zwar weiterhin stramm aus nordöstlicher Richtung, aber meine Route verlief langsam etwas südlicher, so dass ich im Tagesverlauf teilweise sogar ab und zu etwas Rückenwind hatte. Ich machte ordentlich Strecke und hatte bis Mittag schon über 50 km hinter mir – der Vorteil des frühen Wurms.
Kurz vor Saint-Gondon sollte es nochmal hügelig werden. Da ich darauf keine Lust hatte, nahm ich diesmal die Hauptstraße. Das war nicht unbedingt meine beste Idee, denn die Straße lag in der prallen Mittagshitze und war stark befahren. Entsprechend gab ich Gas, um das Stück hinter mich zu bringen. Über die Hügel hätte ich mich vermutlich auch nicht viel mehr angestrengt. Aber die Hauptstraße erwies sich wenigstens als kleine Abkürzung, als ich durch war, hatte ich rund 4 km gespart. Und ich war nur noch 8 km von meinem Ziel entfernt. Mittags um 13:15 Uhr, gut gell?
Da traf es sich hervorragend, dass am Ende von Saint-Gondon ein schöner Rastplatz mit einem ganz gemütlichen Bänkchen war. Das habe ich für eine lange und ausgiebige Rast in Beschlag genommen. Erst nach weit über einer Stunde bin ich die letzten Kilometer nach Gien geradelt. Gien liegt auf der anderen Flussseite, ich hatte mich trotz eher negativer Bewertungen für ein Hotel Gien gegenüber entschieden. Das erwies sich als weitaus besser, als die Bewertungen haben glauben lassen. Es war ein einfaches und günstiges Hotel ohne viel Schnickschnack, dafür ein relativ großes Zimmer ruhig nach hinten raus gelegen. Und das Fahrrad stand in einem sicheren Raum. Was will man mehr?
12.06.23 – Ruhetag Orléans
Heute ist schnell erzählt. Ich habe „ausgeschlafen“, bin erst gegen 06:30 Uhr aufgestanden. Das hört sich immer so früh an, aber am Abend bin ich meist so müde, dass ich spätestens gegen 22:00 Uhr schon im Bett bin.
Habe mich dann erstmal mit der Kaffeemaschine in meinem Apartment beschäftigt und ausgiebig und in aller Ruhe gefrühstückt. Danach ein bisschen Wäsche waschen und den Blog auf Vordermann bringen. Der wichtigste Teil des frühen Vormittags war die Planung der nächsten Etappen. Morgen geht’s nach Gien, danach nach La Charité sur Loire. Am dritten Tag bis nach Nevers. Die Entfernungen sind etwas ungleich verteilt, zweimal gut 80 km und einmal nur 45 km. Aber ich habe sonst keine anderen Unterkünfte gefunden.
Als das geschafft war schnell unter die Dusche gehüpft und schon war ich ausgehbereit. Bin dann ein paar Stunden ganz gemütlich durch Orléans geschlendert. Ist wohl die Stadt von Jeanne d‘Arc, jedenfalls gibt es eine große Statue und das Jeanne d‘Arc Haus. Beeindruckend fand ich jedoch die Kathedrale Sainte-Croix d‘Orléans. Die ist riesig und ich hatte den Eindruck, dass sich hier verschiedene Baumeister aus verschiedenen Epochen ausgetobt haben.
Am Abend habe ich Station bei Tex-Mex gemacht. Das Restaurant war ganz in der Nähe meiner Unterkunft und bot eine Mischung aus mexikanischer und texanischer Küche an – wen wundert‘s, bei dem Namen. Die Franzosen essen hier sehr spät und so musste ich die erste Stunde nur mit Getränken überbrücken, ist mir aber nicht wirklich schwer gefallen:-). Um der Wahrheit Ehre zu geben, im Prinzip war das nichts anderes als ein Edel-Imbiss. Texanisch = Burger und mexikanisch = Quesadillas & Co. Aber es war sehr lecker und das Bier, Affligen Blonde, ein Traum:-). So habe ich einen schönen Abend ausklingen lassen.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass heute der dritte Tag gewesen wäre, an dem es hätte regnen sollen – und wieder blieb es trocken. Ab morgen ist wieder ein allumfassendes Hoch angesagt und, natürlich, strammer Gegenwind. Aber damit beschäftige ich mich erst morgen … Wenn nur nicht noch die 68 Treppenstufen plus Hühnerleiter bis ins Himmelbett wären 😊.
Und am Ende hat es dann doch noch geregnet. Um 22:00 Uhr ging ein Gewitter hernieder. Nicht besonders dramatisch, aber es hat gereicht, dass sämtliche Fenster geschlossen werden mussten. Da so die Luft im Dachgeschoss steht, bleibt mir nur, das ganze auszusitzen und hinterher wieder Luft rein zu lassen
11.06.23 – von Blois nach Orléans
In Blois hatte ich ein Zimmer einer günstigen Hotelkette gebucht. Das Fahrrad durfte ich, ganz nobel, in einem Konferenzraum, voll mit Notebooks, abstellen. Getreu dem Motto „reinige nie dein Rad während einer Tour, das erhöht die Chancen, dass es nicht geklaut wird“, wirkte das verschmutzte Rad etwas deplatziert in dem Raum. Mir aber egal, Hauptsache es steht sicher.
Abends habe ich ein italienisches Restaurant gefunden, was sich als echter Glücksgriff herausgestellt hat. Zufrieden bin ich ins Bett und habe auch gut geschlafen. Am nächsten Morgen bin ich früh zum Frühstücken gegangen, habe dann aber noch lange herumgetrödelt. Grund war, dass die Etappe, wie gesagt, relativ kurz war und ich nicht sicher war, wann ich in das Apartment in Orléans einziehen konnte.
Los gefahren bin ich kurz vor 09:00 Uhr, den Weg zurück durch die Stadt, den ich gestern auch gekommen bin. Fast hätte ich einen großen Fehler gemacht, denn ich war schon auf der heftig steilen Auffahrt der Brücke über die Loire als ein kurzer Blick auf der GPS gezeigt hat, ich muss ja gar nicht auf die andere Seite, sondern bleibe auf dieser.
Sonntags war zum Glück nur sehr wenig Verkehr, daher schnell gewendet und entlang dem nördlichen Ufer weitergefahren. Recht schnell war ich wieder auf dem Loire-Radweg und nach Verlassen der Stadt ging es durch viel Grün durch die Naherholungsgebiete von Blois weiter.
Der Verkehr hielt sich sehr in Grenzen, aber es waren unheimlich viele Jogger unterwegs. Abgesehen davon lief es heute sehr gut. Ich hatte teilweise sogar mal Rückenwind und konnte ein paar Gänge höher schalten als die letzten Tage. Schon von weitem war das Kernkraftwerk Saint Laurant sichtbar. Der Radweg führte, nur durch die Loire getrennt, direkt daran vorbei.
Mit dem Wetter hatte ich wieder Glück. Es blieb die ganze Zeit über trocken, obwohl es das eine oder andere Mal ganz anders aussah. Ich bin aber immer wieder durch Gebiete gekommen, in denen es kurz zuvor ganze ordentlich geregnet haben musste, aber – siehe gestern – das Glück ist den Dummen hold :-). Und auch die Steigungen hielten sich heute sehr in Grenzen, nur einmal musste ich absteigen und schieben, weil es mir zu steil war. Aber durch das schnelle Vorwärtskommen war ich natürlich viel zu früh dran.
Ab 10 km vor dem Ziel habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, längere Zeit zu rasten. Die meisten Möglichkeiten waren aber sehr unbequem. Erst als ich schon in Orléans war, fand ich eine Bank direkt am Loire-Ufer und habe mich dort auf eine längere Wartezeit eingerichtet. Um Punkt 15:00 Uhr erhielt ich dann die Nachricht vom Vermieter, dass das Apartment jetzt bereit wäre und er hat mir den Code für die Eingangstür, sowie den Code für den Schlüsseltresor mitgeteilt. Dazu ein Video, in dem er mir auf Englisch gezeigt hat, wo ich mein Rad abstellen kann.
In Frankreich stellen viele Privatvermieter ihre Apartments auch über die bekannten Buchungsportale ein. Man hat da natürlich keinen großartigen Roomservice und eben auch keine Rezeption, dafür liegen die Apartments meist sehr zentral, sind komplett mit Küchenzeile eingerichtet und sind vor allem relativ günstig. So auch hier, ich bin mitten in der Innenstadt und mein Rad steht geschützt im Innenhof. OK, das Apartment muss man sich mit 68 schmalen Treppenstufen hart erkämpfen, aber dann hat man es geschafft. Fast jedenfalls. Die kleine Wohnanlage ist zweistöckig. Die „Aufstiegshilfe“ nach oben in den Schlafbereich traue ich mir nur auf allen vieren zu. Das ist ungewohnt steil und ohne Geländer. Oben kann man sich nur gebückt bewegen und die Matratze befindet sich aus diesem Grund direkt auf dem Boden. Aber das ganze entbehrt nicht einem gewissen Charme.
Ich hatte schon vor einer Woche die Erfahrung gemacht, dass viele Restaurants und Essensmöglichkeiten am Sonntag Abend geschlossen haben. Und so war es auch heute Abend nicht ganz einfach etwas zum Essen zu finden. Verhungert bin ich aber nicht :-).
10.06.23 – von Tours nach Blois
In der Nacht hatte ich Glück, gegenüber meinem Apartment wohnt eine junge Studentin. Dort wurde bis 22:00 Uhr lautstark bei offenem Fenster vorgeglüht. Dann ging die Truppe aus und am nächsten Morgen um kurz vor sechs wurde dann, noch etwas lautstarker, nachgeglüht (sagt man so??). Für mich ideal, stehe ich i.d.R. eh zwischen sechs und halb sieben auf.
Wie in der Wettervorhersage angekündigt, hatte es in der Nacht mehrfach geregnet, jetzt am Morgen war es jedoch trocken. Und der Himmel sah gar nicht mal so schlecht aus, jedenfalls der Teil, den ich aus meinem Fenster sehen konnte. Also geduscht, Frühstück zubereitet, zusammen gepackt und vor allem die Mini-Küche peinlich sauber gemacht – schließlich stehen 100,— € Kaution auf dem Spiel. Wo der Müll zu entsorgen ist habe ich auch noch herausgefunden. Dann schnell Schlüsselabgabe und los ging’s. Von oben immer noch trocken!
Um mal mit zwei Bauernweisheiten zu kommen: Das Glück ist mit den Dummen, und Hochmut kommt vor dem Fall. Um mit letzterem anzufangen, die Strecke war heute „nur“ 73 km lang. Nach dem Ruhetag gestern fahre ich das auf einer Pobacke ab und bin zwischen 12:00 und 13:00 Uhr am Ziel. Soweit die Theorie. Wieder einmal habe ich mir nicht vorab die Topographie der Strecke angeschaut , die war nämlich alles andere als topfeben.
Zunächst jedoch musste ich erstmal aus Tours heraus, was einige Zeit gedauert hat. Die Stadt ist doch größer als ich gedacht habe. Da es aber Samstag Morgen war, hielt sich wenigstens der Verkehr in Grenzen. Es war trotzdem ein ziemliches hin und her, denn der Radweg verlief mal links, mal rechts der Straße. Dann ging’s eine Zeitlang durch viel Grün entlang der Loire. Durch den Regen der Nacht war die Luftfeuchtigkeit sehr hoch, entsprechend nass geschwitzt war ich. Und auf keinen Fall anhalten, dann war man sofort Freiwild für die Moskitos.
Den ersten Vorgeschmack, dass Flussradweg nicht gleich topfeben ist, gab es schon nach 13,5 km in Montlouis-sur-Loire. Der Radweg zweigte ab und gleich ging es kräftig bergauf. Noch habe ich das ganz gut gemeistert und war froh, als ich wieder unten und ufernah weiter fahren konnte. Aber dann kam Amboise, ein bei Touristen sehr beliebtes Städtchen, was ich aus der Anzahl Parkplätze geschlossen habe. OK, es gibt mehrere Schlösser, einen Park Leonardo da Vinci und noch einiges mehr zu bestaunen.
Ich hatte das weniger im Blick, als der Radweg wieder um 90 Grad abbog und erstmal durch die Fußgängerzone führte – aber nur vor 11:00 Uhr, dann ist Radfahren verboten. Nach nur wenigen 100 Metern war der Spaß, für mich, vorbei. Denn von nun an ging’s bergauf. Und wie. Ich habe recht bald kapituliert und habe mein Rad geschoben. Aber selbst das ging nur mit regelmäßigen Pausen, so steil ging es hier bergauf. Oben angekommen hatte ich wenigstens einen tollen Blick über Amboise.
Über 10 km ging es nun in ständigem auf und ab dahin, bevor es abrupt wieder steil nach unten an die Loire ging. Aber nur für ein paar wenige Kilometer, dann wiederholte sich das Spiel. Und das noch zweimal. Am Ende war ich platt und hatte weiche Knie.
Was bei der ganzen Plackerei in Vergessenheit geriet, es blieb den ganzen Tag trocken, daher das zweite Zitat, das Glück ist mit den Dummen. Ich bin dann doch etwas später in Blois angekommen, aber immer noch so früh, dass ich in Ruhe relaxen konnte, bevor ich abends in die Stadt zum Essen gegangen bin. Nun hoffe ich, dass mir Petrus auch morgen gewogen ist und mich mit Regen verschont. Die Strecke ist nur 64 km lang, ich kann mein Quartier offiziell erst ab 17:00 Uhr beziehen. Bei Regen wäre das eine Katastrophe. Man wird sehen.
09.06.23 Tours
Über den heutigen Tag gibt es nicht viel zu berichten. Ich habe sehr gut geschlafen und hatte es mit dem Aufstehen nicht eilig. Das Appartement ist eigentlich toll, wenn nicht Kleinigkeiten das ganze ziemlich herunter werten würden.
Im Kleiderschrank kein einziger Bügel, ein Bett mit 90 cm Breite ist inzwischen auch in Single-Appartements nicht mehr state of the art. 100,— € Kaution für eine unterdurchschnittliche Ausstattung (es gibt nicht mal einen Topf). Kein warmes Wasser in Dusche und Bad vor 09:00 Uhr. Man muss seinen Abfall selbst entsorgen, ich habe nur noch nicht herausgefunden, wohin. Eigentlich schade, denn sonst ist alles andere Top.
Also Rasieren und Duschen mit kaltem Wasser, zum Glück ist es nach wie vor heiß draußen. Dann Kaffee kochen, habe ja meinen eigenen Topf und Kocher dabei. Gaskocher auf das Ceranfeld gestellt und Dunstabzug an, das trickst jeden Rauchmelder aus. Nach dem Frühstück war große Wäsche angesagt. Zum Glück gab’s Möglichkeiten, eine Wäscheleine quer durch‘s Zimmer zu spannen. Dann musste ich die nächsten Etappen planen und für die Unterkünfte sorgen. Ich fahre morgen bis Blois und am Sonntag bis Orléans, dort bleibe ich wieder einen Tag.
Als das endlich alles erledigt war, bin ich zu Fuß durch Tours geschlendert. Bis auf einen Kern der Innenstadt war es nicht so überzeugend, denn es herrscht ein mörderischer Verkehr. Unfassbar, wie viele Autos hier unterwegs waren. Außerdem macht sich die Gewitterneigung bemerkbar. Es war so schwül, dass ich sogar bei langsamsten Gehtempo schweißnass war. Also bin ich bis zur Kathedrale von Tours gewandert und weiter zum nicht sehr ansehnlichen Schloss (meine Meinung!). Dann hat es mir gereicht und ich bin langsam wieder zurück in mein Apartment.
Den Nachmittag habe ich mit Blog schreiben verbracht und einfach nur gefaulenzt. Am frühen Abend gab es dann die ersten Regentropfen. Zu mehr hat‘s nicht gereicht und ich hoffe das mal als gutes Ome. Die Wettervorhersage für die nächsten beiden Tage ist nicht sehr gut. Abkühlung wäre zwar nicht schlecht, aber ich fahre doch lieber auf trockenen Straßen. Mal sehen wie es wird. Der Tag Pause hat meinem Hintern jedenfalls gut getan.
08.06.23 – von Saumur nach Bourg
Ohne den Ventilator hätte ich in der Nacht wohl kaum schlafen können, so ging’s einigermaßen.
Da mich der Vortag sehr angestrengt hat, hatte ich etwas Bammel vor dem heutigen Tag. Ich habe mir daher gestern Abend noch mal genau den Routenverlauf angeschaut und die Strecke „geglättet“. Sprich, wenn der Weg wieder nach links oder rechts abwich, weil unten an der Hauptstraße wohl kein Fahrradweg ist, habe ich die Abzweigungen ignoriert und bin auf der Straße geblieben. Das hat sich gleich sehr positiv auf die Höhenmeterbilanz ausgewirkt.
Ich war gleich um 07:00 Uhr bei den ersten im Frühstücksraum und entsprechend früh für den Aufbruch bereit. Die Gepäckstücke habe ich zur Sicherheit wieder einzeln die Treppen heruntergetragen. Alles schnell aufgesattelt und los ging es. Es hat sich im Nachhinein gezeigt, dass ich durch meine vorgenommen „Glättungen“ nur einmal für ein, zwei Kilometer in einer Ortschaft ohne Radweg auf der Straße fahren musste, ansonsten gab es überall Radwege. Ich war sehr froh um die Höhenmeter, die ich mir dadurch schenken konnte.
Fast unnötig zu erwähnen, dass auch heute wieder der Radweg am Vormittag durch Wälder führte ab Mittag mehr und mehr auf Straßen ohne Bewuchs. Erstaunt war ich, dass es mir nach der gestrigen Tortour konditionell viel besser ging als befürchtet.
25 km vor dem Ziel kam ein schön schattiger Rastplatz den ich zu einer ausgiebigen Pause genutzt habe. Dort kam ich mit einem Ehepaar ins Gespräch, die sich auch als Deutsche herausgestellt haben. Der Herr war ganz begeistert von meinem Rad. Er konnte sich gar nicht mehr beruhigen als ich ihm gesagt habe, das Rad stammt aus einer kleinen Manufaktur bei München. Das Paar kommt nämlich auch aus München.
Jedenfalls fuhr ich nach getaner Pause weiter und steuerte meine Unterkunft in Bourg an. Es war ziemlich schwierig dort den Eingang zu finden. Aber nachdem diese Hürde genommen war, konnte ich mein Single-Appartement beziehen. Hier werde ich morgen einen Pausentag einlegen, Wäsche waschen und meinem Hintern die Gelegenheit zur Erholung geben. Frühstück gibt’s hier erst ab 08:30 Uhr, eindeutig zu spät für mich. Aber um die Ecke ist ein Supermarkt und mein Appartement hat eine Mini-Küche. Somit sind alle Voraussetzungen für ein Frühstück auf dem Zimmer gegeben.
07.06.23 – von Chalonnes-sur-Loire nach Saumur
Nach dem selbstgemachten Frühstück schnell gespült, zusammen gepackt und um 08:30 Uhr ging es wieder auf‘s Rad. Schlüssel in den Briefkasten, unkomplizierter geht’s nicht.
Irgendwie wiederholte sich der Vortag. Die nächsten rund 30 bis 40 Kilometern hatte der Radweg oft einen schönen, von Bäumen gesäumten Verlauf. Es war schattig und die Bäume hielten auch einen Großteil des Windes ab. Je höher jedoch die Sonne stieg und je höher damit auch die Temperaturen kletterten, umso mehr verlief der Weg wieder auf unbewachsenen Deichwegen, oder besser wahrscheinlich Dammwegen.
Von der GPS-Planung wusste ich schon, dass auf den letzten 25 km einige Höhenmeter auf mich zukommen sollten. So war‘s dann auch und diese Anstiege haben mich echt gefordert, irgendwann auch überfordert. Selbst beim Schieben des Rades musste ich immer öfter und immer längere Pausen einlegen. Unglaublich, wie lange sich diese 25 km gezogen haben. Da ich aber wieder beherzigt habe, bis Mittag die 30 km Restdistanz erreicht zu haben, hatte ich genügend Zeit.
Mein Hotel in Saumur lag in der Innenstadt. Welch ein Unterschied zu meinem gestrigen Quartier. Das Zimmer verdient den Begriff Abstellkammer, so klein war es. Über zwei höllisch steile Treppen unter dem Dach gelegen war kein Platz für mein Gepäck. Ich musste die Taschen übereinander stapeln oder ich kam nicht ins super-winzig-Bad. Nur ein Oberlicht als Fenster, das natürlich wegen der Hitze geschlossen war. Der selbst zusammengezimmerte Regalschrank war nicht nutzbar, darin stand ein Ventilator. Der war auch dringend erforderlich und lief bei mir vom ersten Betreten des Zimmers bis zum Check out am nächsten Morgen. Die Treppen waren so steil, dass ich meine Gepäckstücke einzeln hochgetragen habe, zu groß war meine Angst, hinzufallen. Von der ganzen Schufterei war ich ziemlich geschafft.
Am Abend, nach einer ausgiebigen Dusche, habe ich mir mal wieder ein Restaurant gegönnt und sehr gut gegessen.
06.06.23 – von San Sebastian nach Chalonnes-sur-Loire
Eine Klimaanlage haben heißt nicht automatisch auch, dass sie klimatisiert. Meine hat vergangene Nacht nur die Luft umgewälzt. Ich gewöhne mich langsam schon daran, schweißgebadet aufzuwachen. Dann lohnt sich wenigstens die Dusche.
Da der Frühstücksbereich bei zwei Versuchen immer brechend voll war, bin ich ohne Frühstück abgefahren. Man muss schon neidlos anerkennen, dass die Radwege um Nantes herum nahezu perfekt sind. Das hat schon was, wie die um, über und um die Schnellstraßen herum laufen. Dann noch das erste mal über eine Brücke die Loire gequert und ich war wieder auf dem EuroVelo 6, der bis auf weiteres mit dem Loire-Radweg identisch ist.
Auf den ersten 30 Kilometern wurde ich schon verwöhnt, der Radweg verlief verkehrsarm, meist sogar verkehrsfrei und mit vielen Bäumen umsäumt. So spürt man auch den nach wie vor spürbar blasenden Gegenwind nicht so sehr.
Was mir schnell auffiel, wenn ich mal direkt an der Loire war, die hat verdammt wenig Wasser. Ein extrem breites Flussbett, das meiste aber war nur Sand und Kies. Man merkt, dass die Niederschläge viel weniger als normal sind. Die Route querte mehrfach die Loire und die Auffahrt zu den Brücken war jedesmal eine kleine Herausforderung. Ging es doch erst kurz, dafür äußerst steil hoch auf Straßenniveau und dann in einem hohen Bogen über den Fluss.
Und im Tagesverlauf wurde es immer heißer, die Temperaturen gingen in Richtung 30 Grad. Während morgens der Weg noch von vielen Bäumen gesäumt war, verlief er jetzt fast ausschließlich auf einer baumlosen Deichstraße. Der Teer reflektierte die Hitze zusätzlich und auch der Gegenwind brachte keine Abkühlung mehr. Meine Strategie lautete daher, bis Mittag schon so viel des Weges geschafft zu haben, dass nur noch 30 km übrig blieben.
Aber diese 30 km haben sich trotzdem noch sehr lange hingezogen. In Chalonnes-sur-Loire hatte ich ein Chambre d‘Hautes reserviert, eine Art Privatzimmer. Der Vorabkontakt war ganz witzig, denn Cecile, meine Zimmerwirtin, spricht nur französisch, ich ja eher nicht. Zum Glück gibt’s heutzutage Übersetzungsapps. Das Zimmer stellte sich als das komplette Erdgeschoss eines Hauses heraus. Ich hatte Platz ohne Ende einschließlich einer Küchenzeile. Einziger Nachteil, das Haus liegt direkt an einer stark befahrenen Kreuzung in der Stadt. Fenster aufmachen ging eher nicht, dafür waren die Wände des Hauses so dick, dass es trotzdem von der Temperatur aushaltbar war.
05.06.23 – von Saint Brevin nach San Sebastian
Vergangene Nacht gab es zum Glück keine lautstarke Party in der Umgebung. Die Hitze war aber trotz geöffnetem Fenster lange fast unerträglich. Ich habe aber relativ gut geschlafen, also alles gut.
Nach dem Frühstück habe ich schnell zusammen gepackt und dann ging es los. Heute war ja der richtige Start der Tour vom Ausgangspunkt. Ich bin nach vorne zum Hafen von Saint Brevin gefahren und habe nach der offiziellen Tafel des EuroVelo 6 gesucht. Nach meinem Wissensstand soll es die geben. Aber trotz mehrmaliger Umrundung der ganzen Umgebung habe ich sie nicht gefunden. Etwas traurig war ich deshalb schon, aber was soll‘s, dann starte ich halt ohne. Erinnerungsfoto habe ich natürlich trotzdem geschossen.
Was sich heute den ganzen Tag negativ bemerkbar gemacht hat war der Wind. Da es die ganze Zeit über offenes Land ging, ohne große Bäume und schon gar keinen Wald, blies mir der Wind ungehindert entgegen. Weiß ich, was die nächsten Tage, wenn nicht gar Wochen, auf mich zu kommt. Bis Le Pellerin kannte ich die Strecke schon vom Hinweg, da gab es keine Überraschungen.
Ich habe mir ja schon oft so meine Gedanken gemacht, wenn immer gelästert wird, Flussradwege sind topfeben, da gibt‘s keine Steigungen. Das war heute mal wieder ein Paradebeispiel, wie es doch plötzlich relativ heftig rauf und natürlich auch wieder runter ging. Hat mich fast kalt erwischt, auf dem GPS-Track war das zu sehen nur konnte ich mir nicht vorstellen, dass es auch eintritt. Aber ich möchte mal nicht groß jammern, ich habe alle Anstiege gemeistert. Nur runter musste ich einmal schieben, da habe ich die Beschilderung ignoriert und bin dem daheim erstellten GPS-Track gefolgt. War ein Fehler.
Als das auf und ab vorbei war, war ich nur noch 14 km vom heutigen Ziel entfernt. Die waren bald abgespult und ich konnte per Automat in meinem Hotel einchecken. Fahrradkeller gibt es keinen also habe ich mein Rad auf dem Hotelparkplatz an den Zaun gekettet.
Der nächste Supermarkt ist über 2 km entfernt. Da ich zum Radeln keine Lust mehr hatte, bin ich zu Fuß einkaufen gegangen. Nun bin ich gut gesättigt und warte darauf, dass es endlich kühler draußen wird. Mein Zimmer hat eine Klimaanlage, daher hoffe ich auf eine angenehme Nacht.
Sonntag, 04.06.23 – Kurzbesuch in Saint Nazaire
Die Nacht war echt übel, was aber nicht am Hotel sondern an der nahegelegenen Pizzeria lag. Dort meinten ein paar Leute, unbedingt eine sehr lautstarke Party feiern zu müssen. Die Sonne geht hier erst gegen 22:00 Uhr unter, dann habe ich natürlich sofort den Rollladen hochgezogen und das Fenster geöffnet. Endlich Luft, aber auch zunehmend Krach von der Pizzeria nebenan. Je später es wurde umso schlimmer wurde es. Irgendwann blieb mir nichts anderes übrig, als das Fenster zu schließen und weiterhin vor mich hin zu schwitzen.
Den Leuten in den Zimmern nebenan erging es nicht anders, einer hat wie verrückt vom Balkon rübergebrüllt (auf französisch, ich habe keine Silbe verstanden). Nur waren die in der Pizzeria weitaus lauter und haben das gar nicht mitgekriegt. Ich habe mehr oder weniger schlecht vor mich hin gedöst und irgendwann gegen Morgen gemerkt, dass der Krach vorbei ist. Schnell Fenster auf und endlich mit frischer Luft noch etwas geschlafen.
Nach dem Frühstück hieß es Wäsche waschen. Dann wollte ich die Bilder vom Fotoapparat per iPad in die Cloud übertragen. Was daheim einwandfrei funktioniert hat, ging plötzlich nicht mehr. Also bleiben mir bis auf weiteres nur die Bilder vom Handy.
Egal, ich bin dann mit dem Bus nach Saint Nazaire gefahren und habe mir dort die U-Boot Bunker aus dem 2. Weltkrieg angeschaut. Eher hässlich aber, für mich, doch beeindruckend, und riesig groß das ganze. Weiter ging es über den Hafen von Saint Nazaire und durch die Stadt wieder zurück zum Bahnhof. Hier warte ich gerade auf den Bus, der mich wieder nach Saint Brevin bringt.
Heute Abend möchte ich gerne Pizza essen gehen, jedoch sicher nicht in dem Laden mit dem Krach von vergangener Nacht. Dann laufe ich lieber ein Stück zu einem anderen Restaurant. Und morgen starte ich dann ganze offiziell den EuroVelo 6 in Richtung Wien.
Samstag, 03.06.23 – von Nantes nach Saint-Brevin-les-Pins
Heute Nacht habe ich richtig gut geschlafen. Das Zimmer ist zwar super mini, aber für eine Person geht’s gut. Auch das Frühstück war für französische Verhältnisse recht ordentlich. Da ich heute nur etwa 62 km vor mir hatte und erst ab 16:00 Uhr in meiner Unterkunft einchecken konnte, habe ich mich nicht sehr beeilt.
Im Bereich von Nantes war ich dennoch froh, dass Samstag war. So hielt sich der Verkehr wenigstens in Grenzen. Fahrräder und Busse teilen sich eine Spur, alle anderen Fahrzeuge müssen die andere nehmen. Besonders attraktiv ist das nicht, denn man fährt quasi auf größeren Straßen mit dem Verkehr um die Wette. Außerdem führt die Route durch Industriegebiete, die am Samstag zum Glück menschenleer waren.
Und je weiter ich von Nantes entfernt war, umso schöner wurden die Radwege. Kurz vor Couëron kam ich endlich mal direkt an die Loire ran und konnte die ersten Fotos machen. Davor waren immer irgendwelche Industriegebäude dazwischen oder die Route war abseits der Loire. Nach Couëron ging es mit der Fähre auf die andere Seite der Loire und ab jetzt verlief der Weg auf kleinsten Sträßchen weiter. Nur ganz wenig Verkehr, leider auch nur wenig Schatten. Zum Glück war es mit 22 Grad noch nicht so übermäßig heiß und daher gut auszuhalten.
Der Radweg folgte bis Paimbeœf nicht der Loire sondern dem Canal de la Martinière. Von Paimbeœf ging es weiter nach Corsept und ab hier unterhalb des stark zugewachsenen Deichs auf Sandwegen weiter Richtung Saint-Brevin-les-Pins.
Das erste mal sah ich die riesige Brücke zwischen Saint Brevin und Saint Nazaire schon 13 km vor dem Ziel. Ich konnte es gar nicht glauben, so nah sah das aus. Und ich war natürlich noch viel zu früh dran. Leider gab es keine schattige Möglichkeit mehr, eine Rast einzulegen. Im Gegenteil, je näher ich Saint Brevin kam, umso mehr Fahrradfahrer und Fußgänger kamen mir entgegen. Das war nicht ganz einfach, denn der Weg war sehr schmal und es konnten immer nur zwei Räder aneinander vorbei fahren. Wenn dann noch Fußgänger dazu kamen, führte das mehrmals zu teilweise minutenlangem Warten. Und wie immer bei solchen Massen gab‘s auch die die meinten, der Platz reicht auch für 3 Räder nebeneinander aus. Das führt dann zu eher unschönen Situationen, zumal ich nach meinem Unfall letztes Jahr doch deutlich vorsichtiger und ängstlicher geworden bin. In Ermangelung französischer Sprachkenntnisse habe ich kräftig auf Schwäbisch vor mich hin geschimpft.
In Saint Brevin angekommen, war der gesamte Uferbereich gesperrt. Ich weiß bis heute nicht, was das für eine Veranstaltung war, es gab jedenfalls kein Durchkommen. Und ich war immer noch 2 Stunden zu früh dran. Also bin ich langsam Richtung Hotel gefahren und habe tatsächlich noch einen parkähnlichen Platz fast direkt am Meer und mit einer Bank im Schatten gefunden. Hier konnte ich die Wartezeit sehr angenehm verbringen. War auch notwendig, denn die Rezeption im Hotel öffnete keine Sekunde vor 16:00 Uhr.
Mein Zimmer liegt im 3. Stock, natürlich ohne Aufzug. Es ist sehr klein und liegt nach Westen raus. Da es keine Klimaanlage gibt, bleibt nur, die Balkontür zu schließen und die Rollläden runter zu lassen. Erst hatte ich überlegt, im hoteleigenen Restaurant Essen zu gehen, aber nachdem das Frühstück schon 10,— € extra kostet, bin ich lieber in den nahegelegenen Supermarkt gegangen und habe mich mit Baguette, Käse und Salami eingedeckt. Und natürlich durfte ein Fläschchen Pietra, korsisches Bier, nicht fehlen.
Freitag, 02.06.23 – mit dem TGV von Straßburg nach Nantes
Heute hieß es früh aufstehen. Der Wecker ging um 05:30 Uhr, und ich war sehr nervös, wie das wohl alles funktioniert mit der französischen Bahn. Erste Spezialität: das Gleis, auf dem der Zug hält, wird erst 15 – 20 Minuten vor Abfahrt bekannt gegeben. Also stehen alle vor den Anzeigetafeln und wenn das Gleis endlich aufleuchtet, geht der Run los. Aufzüge gibt es keine, aber es funktioniert auch mit der Rolltreppe ganz gut – zumindest wenn es hoch geht – siehe weiter unten.
Da ich schon früh am Bahnhof war, war ich auch der erste Radler und hatte damit noch viel Platz fürs Gepäck zur Verfügung. Es kamen nochmal 2 Radler, damit war es dann gut voll im Wagon. Lustig ist, dass die reservierten Sitzplätze direkt gegenüber den Rädern sind, damit hat man alles immer gut im Blick. Die beiden anderen sind Franzosen und wollen von Nantes nach Bordeaux radeln.
Der Zug war rappelvoll, und rumpelte und schaukelte ohne Ende. Aber in nicht mal 2 Stunden war bereits der Flughafen Paris Charles de Gaulles erreicht. Die Hoffnung, dass es ab jetzt leerer im Zug wird, erfüllte sich leider nicht. Ganz im Gegenteil, es wurde noch voller. Das Gepäck lag teilweise so in den Gängen, dass man nicht mehr daran vorbei kam. Zum Glück fahre ich durch bis zur Endstation, da wird hoffentlich genug Zeit zum Ausladen sein.
Die Zeit bis nach Nantes verging nur langsam. Man konnte auch nicht viel nach draußen sehen, denn es gab keine Panoramafenster, sondern nur zweigeteilte, relativ schmale Fenster. Aber, der Zug traf auf die Minute pünktlich in Nantes ein. Das möchte ich mal bei der DB auf eine solche Entfernung erleben …
Nach dem Ausstieg wurde es nochmal spannend. Zwar gab es Aufzüge, die waren aber zu klein für Fahrräder. Die Gleise werden hier überquert, also ging es hoch wieder mit einer Rolltreppe. Nur runter habe ich mich mit dem beladenen Rad nicht getraut, denn das ging höllisch steil nach unten. Daher Gepäck wieder abgeladen und 96 Stufen runtergetragen. Dort einfach abgestellt und mit der Rolltreppe wieder hochgefahren. Dabei die ganze Zeit gebetet, dass keiner Fahrrad und/oder Gepäck klaut. Dann das Rad geschnappt und wieder 96 Stufen runtergetragen. Zum Glück waren evtl. Diebe gerade in der Mittagspause.
Nachdem ich draußen war und das Rad wieder beladen hatte, musste ich feststellen, dass ich auf der falschen Seite aus dem Bahnhof raus bin. Da ich mir aber die Gepäck-rauf-runter-Aktion nicht mehr geben wollte, musste ich erst ein ganzes Stück fahren, bis ich eine Brücke gefunden habe. Dann wieder zurück zum Bahnhof und Richtung Hotel gestartet.
Check-in ging per Automat und hat auch auf Anhieb funktioniert. Nur eine Unterstellmöglichkeit für mein Fahrrad habe ich nicht gefunden. Jetzt heißt es bis 17:00 Uhr warten, dann soll die Rezeption besetzt sein. Ergebnis: für 4,— zusätzliche Euro kann ich das Rad in die Tiefgarage stellen. Ist, glaube ich, das erste mal in all den Jahren, dass ich für die Fahrradunterbringung etwas zahlen muss. Aber Hauptsache das gute Stück steht sicher. Danach bin ich noch ein wenig durch die nähere Umgebung des Hotels geschlendert – wenig spektakulär – und habe mich dann in eine Pizzeria zum Abendessen gesetzt. Na, an die hier üblichen Preise muss ich mich erst noch gewöhnen. Die liegen schon deutlich über dem von zu Hause gewohnten Niveau.
Donnerstag, 01.06.23 – Von Breisach nach Straßburg
Ich habe im großen und ganzen gut geschlafen und bin früh aufgestanden. Pünktlich um 07:00 Uhr war ich beim Frühstück. Das war eine sehr positive Überraschung, die ich gerne nochmal mitgenommen habe, soll doch das Frühstück in Frankreich nicht so besonders sein.
Um 08:00 Uhr bin ich losgefahren und habe nach ein paar hundert Metern gleich die Grenze nach Frankreich überquert. Tschüss Deutschland, vive la France. Der Himmel war wolkenlos und am frühen Morgen waren die Temperaturen noch recht angenehm. Die ersten 30 km gingen kreuz und quer auf wenig befahrenen Sträßchen über die Dörfer und ich habe mich schon gefragt, ob diese Routenwahl nicht ein Fehler war. Aber dann kam endlich der ersehnte Kanal und ab dann war‘s perfekt.
Bis 30 km vor Straßburg wird der Kanal wohl nicht mehr genutzt, aber er ist von Bäumen dicht umgeben. Dadurch fährt man zum einen viel im Schatten und zum anderen bremsen die Bäume den Wind. Ich bin daher sehr gut voran gekommen und musste ab Mittag sogar das Tempo rausnehmen, da ich erst ab 15:00 Uhr im Hotel einchecken konnte. Darüber war ich ziemlich froh, habe ich doch gemerkt, nicht sehr viel trainiert zu haben. Die Oberschenkel haben zunehmend gebrannt und vor allem tat der Hintern ziemlich weh. Aber alles in allem finde ich die französische Variante des Rheinradwegs angenehmer als die deutsche. Dort fährt man meist auf Schotter. Ich kann mich noch gut daran erinnern, letztes Jahr bei der Ankunft in Kehl zuerst das Gepäck grob gereinigt zu haben, weil ich mich sonst nicht auf das Zimmer getraut habe. Die Packtaschen waren weiß von Staub und Sand. Außerdem läuft der Radweg dort meist auf dem Damm und damit selten im Schatten.
Klar, man fährt direkt am Rhein entlang. Dafür ist der Weg am Rhein-Rhone-Kanal komplett asphaltiert und, wie schon geschrieben, die meiste Zeit im Schatten. Sehr angenehm an einem heißen Tag wie heute. Und die Radwege bei der Einfahrt/Durchfahrt durch Straßburg sind vorbildlich. Dank GPS war das Hotel schnell gefunden.
OK, das ist kein Highlight, aber dafür ist der Preis für Straßburg ganz okay. Und es ist nur einen guten Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt. Einen sicheren Platz fürs Fahrrad gibt es nicht, aber es steht auf dem Hotelparkplatz trotzdem recht sicher. Am Spätnachmittag habe ich noch den Bahnhof zu Fuß erkundet und mir dann einen gehaltvollen Döner zum Abendessen gegönnt. Für morgen ist soweit alles vorbereitet, der Wecker geht um 05:30 Uhr. Mal sehen, wie sich der TGV im Vergleich zum ICE schlägt. Okay, eine besondere Herausforderung ist das nicht wirklich:-).
Mitwoch, 31.05.23 – Anreise Fernbus bis Freiburg und weiter nach Breisach
Irgendwie war ich doch sehr nervös und habe relativ wenig geschlafen. Entsprechend viel Zeit musste ich noch totschlagen, bis es endlos los ging. Ich war natürlich 30 Minuten zu früh am Bahnhof, dazu kamen nochmal 15 Minuten, die der FlixBus Verspätung hatte. Die Radmitnahme ging problemlos, einen Sitzplatz hatte ich reserviert.
Die Fahrt selber ist nicht erwähnenswert, nur das Gerede der beiden Busfahrer war sehr nervig. Es blieb bei den rund 15 Minuten Verspätung bis Freiburg Hbf. Dann das Rad vom Träger genommen, das Gepäck aufgeladen, GPS starten und los ging die Fahrt.
Die Strecke war nur 35 km lang und enthielt nur wenige Steigungen. Von daher kein Problem. Aber das Rad ist schwer, durch die Mitnahme der Kochausrüstung und noch ein paar anderer Kleinigkeiten habe ich rund 25 kg an Zeug dabei. Das war aber nicht das wirkliche Problem, vielmehr begann ich innerlich auszutrocknen. Ich hatte seit dem Kaffee am frühen Morgen nichts mehr getrunken. Für die Busfahrt waren die leeren Getränkeflaschen in den Gepäcktaschen verstaut. Der Wind weht auch hier am Oberrhein so heftig wie die ganzen letzten Tage und die Sonne brannte richtig heiß vom Himmel. In Ihringen am Kaiserstuhl hielt ich es nicht mehr aus und bin in den Ort rein auf der Suche nach was zu trinken. Bin auch fündig geworden und habe mir zwei Saftschorle an einem schattigen Pätzchen gegönnt. Danach ging es viel besser und ich habe die letzten Kilometer bis Breisach in Angriff genommen.
Das Hotel hier kenne ich schon, habe ich 2016 auch übernachtet, damals bin ich den Rheinradweg bis Rotterdam gefahren. Mein Zimmer dieses Jahr ist sehr klein und hat schon bessere Zeiten gesehen, aber es ist sauber und der Preis ist angemessen. Auch das Essen im hauseigenen Restaurant ist verhältnismäßig, die Inflation ist an allen Ecken spürbar. Jetzt trinke ich noch ein Bier und dann muss ich mich auf die morgige Etappe vorbereiten. Die wird doppelt so lange wie heute und geht die ganze Strecke gegen den Wind. Und der soll morgen gleich stark wehen wie heute. Ich bin gespannt …
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